1N Telecom GmbH: Verwirrung und Ärger um Angebote und Schadensersatz

Stand:
Zahlreiche Verbraucher:innen werden von der 1N Telecom GmbH aus Düsseldorf zum Abschluss eines neuen Festnetztarifs angeschrieben. Viele melden sich wegen Problemen und Schadensersatzforderungen bei den Verbraucherzentralen, die rechtlich gegen das Unternehmen vorgegangen sind.
Telefon auf Werbebrief mit 1N-Logo

Das Wichtigste in Kürze:

  • Zuerst meldeten sich zahlreiche Verbraucher:innen mit Fragen zu Briefen des Telekommunikationsanbieters 1N Telecom. Jetzt suchen viele Rat.
  • Sie haben nicht erkannt, dass das Schreiben nicht von der Deutschen Telekom stammt. Mit Rücksendung des Angebots wurde ihr alter Anschluss gekündigt und sie schlossen einen neuen Tarif ab.
  • Viele Verbraucher:innen sehen sich nun mit Schadensersatzforderungen konfrontiert.
  • Durch Urteile wurden dem Anbieter nun einige Handlungen verboten.
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Verbraucher:innen verwechseln 1N Telecom mit der Deutschen Telekom

Die 1N Telecom GmbH aus Düsseldorf irritiert zahlreiche Verbraucher:innen mit Vertragsangeboten. Die Briefe sind persönlich adressiert und enthalten auch die Nummer ihres aktuellen Festnetzanschlusses. Der Anbieter wirbt für seinen DSL-Tarif. Man müsse nur im beigelegten Formular seine IBAN eintragen und unterschreiben. Dann würde auch der bestehende Vertrag beim bisherigen Anbieter gekündigt und die Mitnahme der Rufnummer (Portierung) in den neuen Vertrag eingeleitet.

Verbraucher:innen haben sich an die Verbraucherzentralen gewandt, weil sie den Brief für ein Schreiben der Deutschen Telekom hielten und davon ausgegangen sind, mit ihrer Unterschrift lediglich ihren bestehenden Telefontarif zu wechseln. Das jedoch ist nicht der Fall.

Nun bekommen sie Willkommensschreiben der 1N Telecom mit der Info: "Wir richten den Anschluss ein". In Beratungsgesprächen bei den Verbraucherzentralen schildern sie, dass sie den Anbieter gar nicht wechseln wollten.

Viele haben aber auch Schadensersatzforderungen in dreistelliger Höhe bekommen. Der Anbieter begründet den Anspruch damit, dass die  Verbraucher:innen die Einrichtung des Anschlusses verhindert hätten, indem sie den Portierungsauftrag zur Rufnummernmitnahme zurückgenommen hätten.

Offen, wie 1N Telecom an Daten gelangt ist

Falls Sie in der Vergangenheit keine Vertragsbeziehung mit dem Anbieter hatten, ist diese Art der personalisierten Werbung per Post in der Regel unzulässig. Dann nämlich, wenn Sie zuvor einen Widerspruch ausgesprochen haben. Zulässig ist sie dann, wenn Sie der Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten zum Zweck von Direktwerbung irgendwann einmal zugestimmt haben.

Die Betroffenen erinnern sich nicht daran, mit dem Anbieter je Kontakt aufgenommen oder ein Gespräch geführt zu haben. Das sorgt für Irritationen und wirft die Frage auf, wie 1N Telecom an die persönlichen Daten gelangen konnte. Das können Sie erfragen – Unternehmen müssen darüber Auskunft geben. Und sie sind verpflichtet, Ihre Daten zu Werbezwecken zu sperren, wenn Sie das wünschen. Unsere Musterbriefe (siehe unten) helfen dabei.

Wie verhalte ich mich bei Schadensersatzforderungen des Anbieters?

Wenn Sie eine Schadensersatzforderung von Ihrem Anbieter bekommen haben, sollten Sie prüfen, ob diese gerechtfertigt ist. Der Anbieter 1N Telecom stützt die Forderung meist auf eine zwischenzeitliche Rücknahme des Portierungsauftrags der Rufnummer beim alten Anbieter. Ist der Vertragsschluss mit dem neuen Anbieter wirksam rückgängig gemacht worden, zum Beispiel durch einen Widerruf oder eine Anfechtung, dürfte selten ein Anspruch auf die Zahlung der dreistelligen Summe bestehen. Wurde die Portierung trotz wirksamen Vertragsschlusses zurück genommen, bedarf es einer individuellen Prüfung.

Welche Möglichkeiten habe ich bei einem ungewollten Anbieterwechsel?

Das können Sie tun, wenn Sie ungewollt einen neuen Vertrag abgeschlossen haben:

  1. In den meisten Fällen ist die Widerrufsfrist schon abgelaufen, wenn Sie sich des Vertragsschlusses bewusst werden. Nachdem Sie ein per Brief erhaltenes Angebotsschreiben unterschrieben zurückgeschickt haben, könnten Sie noch 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, wie es bei Fernabsatzverträgen üblich ist. Die Frist zum Widerruf beginnt einen Tag, nachdem Ihr unterzeichnetes Angebotsschreiben bei der 1N Telecom GmbH eingegangen ist.
    Gut zu wissen: Voraussetzung für den Fristablauf ist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. Reicht der Händler diese nach, zum Beispiel im Rahmen einer Vertragsbestätigung, beginnt die Frist erst ab diesem Moment zu laufen. Ist die Belehrung fehlerhaft, so beginnt die Frist gar nicht erst. Dann erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss.
  2. Das Willkommensschreiben nach der Annahme des Angebots trifft meist erst nach Ablauf der Frist bei Ihnen ein. Sollten Sie fristgerecht widerrufen haben, fordern Sie das Unternehmen auf, sich daran zu halten. Sie sollten den Widerruf gut dokumentiert haben, zum Beispiel durch ein Einwurf-Einschreiben. Archivieren Sie eventuelle Fehlermeldungen bei E-Mailadressen des Unternehmens, an die Sie den Widerruf schicken. 
    Tipp: Scannen Sie das Widerrufsschreiben ein und mailen Sie es unterschrieben an den Anbieter. So können Sie die Zustellung des Widerrufs gut beweisen.
  3. Nachdem die Widerrufsfrist verstrichen ist, haben Sie meist nur die Möglichkeit der Anfechtung. Das geht zum Beispiel dann, wenn Sie arglistig zur Abgabe einer Willenserklärung getäuscht wurden. Ist die Anfechtung wirksam, gilt der Vertrag als nicht geschlossen. Sie müssen allerdings darlegen, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtung gegeben waren.
    Der Widerruf oder die Anfechtung machen den Portierungsauftrag zur Rufnummernmitnahme nicht rückgängig. Dazu müssen Sie sich an Ihren alten Anbieter wenden.
  4. Die Rücknahme des Portierungsauftrages beim alten Anbieter, ohne dass Sie den Vertrag zu dem neuen Anbieter durch Widerruf oder Anfechtung  rückgängig machen konnten, kann zu einer Schadensersatzpflicht führen. Der Anbieter 1N Telecom fordert in vergleichbaren Fällen aus unseren Erfahrungen teilweise einen dreistelligen Schadensersatzbetrag.
    Nehmen Sie den Portierungsauftrag also nicht unüberlegt zurück, auch nicht auf aktive Nachfrage Ihres alten Anbieters! Sichern Sie sich zuerst ab, dass der neue Vertrag rückgängig gemacht werden kann.
  5. Wenn Sie den Vertragsschluss über den neuen Tarif nicht mehr rückgängig machen können, weil zum Beispiel die Frist zum Widerruf abgelaufen ist oder keine Gründe für eine Anfechtung vorliegen, können Sie den neuen Vertrag auch für die angegebene Mindestlaufzeit nutzen. Die liegt meist bei  2 Jahren. Sie können schon jetzt eine Kündigung zum Ende der Laufzeit an das neue Unternehmen schicken und danach zum Beispiel zurück zu ihrem alten Anbieter oder zu einem anderen Anbieter wechseln.

Urteile gegen verschiedene Verstöße der 1N Telecom

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat mehrere Punkte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der 1N Telecom bemängelt und am Landgericht Düsseldorf durchgesetzt, dass bestimmte Klauseln nicht mehr verwendet werden dürfen (Az. 12 O 174/22). Das betrifft unter anderem eine Klausel, nach der Kund:innen ihre bisherige Rufnummer zu 1N portieren (übertragen) lassen mussten. Ebenso darf der Anbieter sich nicht mehr auf eine Klausel berufen, wonach er den Vertrag kündigen kann, wenn Kund:innen mit einem Betrag, der dem doppelten des Monatsbeitrags entspricht, in Verzug sind. Auch auf die Erforderlichkeit der Schriftform zur Änderung des Vertrags darf sich 1N nicht mehr berufen.

Wegen der zahlreichen Verbraucherbeschwerden wurde auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf 1N Telecom aufmerksam und mahnte zahlreiche Verstöße des Unternehmens ab. In zwei Versäumnisurteilen des Landgerichts Düsseldorf (Az. 12 O 101/22 und 12 O 172/22) wurde 1N unter anderem dazu verurteilt, auf seiner Internetseite eine E-Mail-Adresse anzugeben, über die Verbraucher:innen unmittelbar Kontakt zu dem Unternehmen aufnehmen können. Auch wurde 1N zur Unterlassung verurteilt, in der Widerrufsbelehrung eine E-Mail-Adresse anzugeben, an die keine Mails zugestellt werden können.

Was bedeuten die Urteile gegen 1N Telecom für Betroffene?

Die Widerrufsbelehrung des Anbieters muss nun eine E-Mail Adresse enthalten, an die auch Nachrichten zugestellt werden können. Verbraucher:innen, denen ein Widerrufsrecht zusteht, können den Widerruf innerhalb der 14-tägigen Frist erklären. Die Erklärung muss dem Vertragspartner aber auch zugehen. Bekommen Sie eine "Unzustellbarkeitsbenachrichtigung" des erklärten Widerrufes, sollten Sie die Erklärung so schnell wie möglich auf anderem Weg senden – zum Beispiel als Brief (Einwurfeinschreiben). Nur so ist der Vertrag wirksam widerrufen.

Sollten Anbieter den Zugang von Nachrichten extra verhindern, spricht man von einer Zugangsvereitelung. In diesen Fällen kann der Widerruf sogar ohne erneute Erklärung wirksam werden. Allerdings müssen Sie in solchen Fällen eine Vereitelung nachweisen. Dazu raten wir, sich externen Rat einzuholen – zum Beispiel in einer Beratung Ihrer Verbraucherzentrale.

Was kann ich gegen Werbebriefe tun?

Als Minimalziel können Sie einer Werbenutzung widersprechen und die Daten sperren lassen. Dafür können Sie diesen Musterbrief verwenden.

Wollen sie darüber hinaus erfahren, woher die Daten stammen, können sie Auskunft verlangen – zum Beispiel mit diesem Musterbrief.

Zusätzlich können Sie sich auch bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde beschweren, in Nordrhein-Westfalen also beim LDI NRW.

Weitere Möglichkeit zum Schutz vor ungewollter Werbepost: Tragen Sie sich in die vom Deutschen Dialogmarketing Verband (DDV) erstellte Robinson-Liste ein. Die Unternehmen, die dem DDV angeschlossen sind, erhalten dann die Nachricht, dass Sie keine Werbung per Post wünschen.

Die Adresse lautet: DDV, "Robinson-Liste", Postfach 1454, 33244 Gütersloh, Telefon: 05244 / 903723.

Außerdem können Sie sich auf dieser Internetseite des DDV schnell und unkompliziert online anmelden. An diese Listen halten sich aber nur die dort angeschlossenen Unternehmen! Das heißt, die Werbeflut wird nur bedingt eingedämmt.

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