Was steckt hinter der Werbung zu Goji-Beeren?
Getrocknete Goji-Beeren, Goji-Pulver oder -Kapseln werden gerne als wahre Gesundheits- und Anti-Aging-Sensation angepriesen. Angeblich spenden sie Energie, unterstützen das Herz-Kreislauf-System, stärken das Immunsystem, helfen bei Bluthochdruck sowie Schlafproblemen, bieten optimalen Zellschutz, neutralisieren Schäden durch freie Radikale und stehen "im ewigen Kampf gegen zu frühes Altern durch Stress und Umwelteinflüsse" bei. Zudem sollen sie auch bei Erkrankungen des Auges, wie beispielsweise der Makuladegeneration, helfen.
Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat die dazu eingereichten Studien überprüft und bei sämtlichen für Goji (im Englischen Wolfberry) beantragten gesundheitsbezogenen Aussagen festgestellt, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Behauptungen und der Einnahme von Goji-Beeren besteht.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von Goji Beeren achten?
- (Getrocknete) Goji-Beeren: Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt es trotz bestehender Unklarheiten keine Gründe, dass gesunde Personen den Verzehr von Goji-Beeren einschränken sollten – abgesehen vom hohen Zuckergehalt (46 g pro 100 g). Zwar fehlen dem üblichen Standard entsprechende toxikologische Untersuchungen, aber es gibt aktuell auch keinerlei Hinweise auf schädliche Wirkungen beim Menschen. Es sind keine Daten für Risikogruppen (Kinder, Schwangere) vorhanden.
- Achten Sie darauf, dass vor allem Goji-Beeren aus China auf Schadstoffe (Pflanzenschutzmittel, Schimmelpilzgifte wie Aflatoxine und Ochratoxin A, Schwermetalle) kontrolliert sind. Hierbei hilft die Angabe „DIN EN ISO 9001“. Diese im Qualitätsmanagement verbreitetste Norm legt die Mindestanforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem fest. Es begleitet alle wesentlichen betrieblichen Prozesse und stellt diese auf den Prüfstand, u. a. um die Anforderungen der Kunden und die jeweiligen gesetzlichen und behördlichen Vorgaben zu erfüllen. Sonst fragen Sie beim Hersteller nach.
- Goji-haltige Nahrungsergänzungsmittel: Zu unerwünschten Wirkungen sind derzeit keine Aussagen möglich, da Standards für die Zubereitung des Extrakts fehlen und keine toxikologischen Untersuchungen zu den einzelnen Produkten vorliegen. Das gilt insbesondere für die Langzeitsicherheit. Wer trotzdem Goji-haltige Nahrungsergänzungsmittel verwenden möchte, der sollte auf jeden Fall die Verzehrempfehlung des Herstellers beachten. Dieser ist für die Sicherheit des Produkts verantwortlich, sofern Sie die Empfehlungen berücksichtigen.
- Sie sollten aber vorsichtig sein, wenn Sie regelmäßig Medikamenten nehmen. Es gibt eine Warnung zu gefährlichen Wechselwirkungen mit bestimmten "blutverdünnenden" (gerinnungshemmenden) Medikamenten (Vitamin K-Antagonisten) wie Phenprocoumon (Marcumar®) und Warfarin (Coumadin®). Goji-Beeren scheinen den Abbau dieser Medikamente im Körper zu blockieren, so dass es zu einer gefährlichen Wirkstoffanreicherung und verstärkter Blutungsneigung kommen kann. Personen, die diese Medikamente einnehmen, sollten unbedingt auf Goji-Beeren in jeglicher Form (getrocknete Früchte, Saft, Marmelade, Nahrungsergänzungsmittel) verzichten.
Was ist Goji?
Die Goji-Beere wächst am Gemeinen Bocksdorn (Lycium barbarum), auch Gemeiner Teufelszwirn oder Chinesische Wolfsbeere genannt. In China heißt das Nachtschattengewächs Níngxià gǒuqǐ, im englischen Sprachraum Goji oder Wolfberry. Der Bocksdorn dient in Europa vor allem als Zierpflanze. In China dagegen werden die Früchte sowohl in der Küche als auch in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet. Die getrockneten Beeren sind blassrot, bis zu 1 cm lang und 0,5 cm breit. Sie schmecken süßlich, praktisch säurelos, ein wenig wie eine Mischung aus Dörrpflaumen und Feigen. Goji-Beeren werden getrocknet, als Konfitüre und Fruchtzubereitung sowie in Kapselform verkauft.
Welche Inhaltsstoffe sind in Goji-Beeren enthalten?
Im Internet wird häufig von einem sehr hohen Vitamin-C-Gehalt, reichlich Zeaxanthin (orangegelber Farbstoff, auch in Mais, Spinat, Eigelb, vielen Gemüsen, Farbstoff E 161h), 18 enthaltenen Aminosäuren und 21 Spurenelementen berichtet. Laut der offiziellen US-Nährwertdatenbank FoodData Central enthalten 100 g getrocknete Goji-Beeren 349 kcal, 46 g Zucker, 13 g Ballaststoffe, 190 mg Calcium, 6,8 mg Eisen, 48 mg Vitamin C und ca. 16 mg Carotinoide (incl. Zeaxanthin).
Mit dem für Trockenfrüchte recht hohen Vitamin C-Gehalt (ähnlich hoch ist dieser nur für getrocknete Mango) sind die Beeren vergleichbar mit 100 g Orangen, 100 g Erdbeeren, 40 g roter Paprika oder 75 g Kohlrabi. Betrachtet man allerdings den Vitamingehalt im Verhältnis zur Energiemenge - 349 Kilokalorien (kcal) pro 100 g für getrocknete Goji-Beeren gegenüber 32 kcal/100 g bei Erdbeeren oder 18 kcal/75 g Kohlrabi - so sind die getrockneten Goji-Beeren die klaren Verlierer. Der Calcium-Gehalt ist zwar 1,5 mal höher als in Milch (120 mg/100 g), entscheidend sind aber die üblichen Verzehrmengen beider Lebensmittel (200 g Milch mit 240 mg Calcium im Vergleich mit 25 g getrockneten Beeren und 48 mg).
In Nahrungsergänzungsmitteln finden Goji-Beeren-Pulver bzw. -Extrakte Verwendung. Die eingesetzten Extrakte sind nicht standardisiert, die genaue Zusammensetzung meist nicht bekannt und die Wirkung nicht untersucht. Das in Goji-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln ausgelobte Vitamin C ist meist künstlich zugesetzt und stammt nicht ausschließlich aus der Beere.
Können Goji-Beeren mit Schadstoffen belastet sein?
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart hat Untersuchungen veröffentlicht, wonach Goji-Beeren zu den Obstsorten mit höherer Pestizidbelastung zählen. Die Bilanz: 2013 mussten alle (!) Proben mussten wegen Überschreitung der Höchstmenge des Insektizids Acetamiprid beanstandet werden.
2017 enthielten viele Goji-Beeren-Proben eine Vielzahl (bis zu 35) verschiedener Pestizide. Dadurch kam es dann nicht so häufig zu Überschreitungen bei einzelnen. Aber es wurden auch unzulässige Pflanzenschutzmittelwirkstoffe wie Nikotin (in einem Bioprodukt) gefunden. Nicht zuletzt konnten Rückstände von den Mückensprays (Repellents), die die Pflücker verwenden, nachgewiesen werden. Die Warnungen im europäischen Schnellwarnsystem RASFF bezogen sich immer auf Goji-Beeren aus China,
Das Amt rät zur Vorsicht bei Qualitätsangaben: Bei einigen Produkten wurde die Angabe "bio" bzw. "wilde Goji-Beeren unbehandelt" in Frage gestellt, da Rückstände von durchschnittlich zehn Wirkstoffen mit teils hohen Rückstandskonzentrationen nachgewiesen wurden.
Auch Greenpeace hatte eine hohe (Mehrfach-) Pestizidbelastung von chinesischen Goji-Beeren festgestellt.
Neben der Pestizidbelastung gibt es auch Berichte über eine mikrobielle Belastung (Link auf: https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/krankmachende-bakterien-in-getrockneten-blatt-und-grasprodukten-17710), krebserregende Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) sowie Schwermetalle (Link auf: https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/projekt-klartext-nem/schwer-gefaehrlich-giftige-schwermetalle-13363) bei Gojibeeren.
Goji-Beeren können auch im eigenen Garten angebaut und geerntet werden. Die frostresistenten Bocksdorn-Sträucher gedeihen bei uns gut - früher wurden sie viel als Heckenpflanzen eingesetzt - und sind im Fachhandel erhältlich.