Das Wichtigste in Kürze:
- Wir haben die Preise von 19 Grundnahrungsmitteln in verschiedenen Filialen von 4 großen Einzelhändlern in NRW-Großstädten untersucht.
- Das Ergebnis: Ein Preisunterschied von mehr als 100 Prozent bei fast allen Produkten und über alle Filialen hinweg.
- Sonnenblumenöl, Butter und Blumenkohl waren in Discountern mit am teuersten.
Bereits seit Sommer 2021 steigen die Nahrungsmittelpreise besonders erheblich an. Im April 2023 waren sie 17,2 Prozent höher als im April 2022. Unser Marktcheck zeigt, dass sich Preisvergleiche jetzt besonders lohnen.
Preis-Check von 20 Lebensmitteln
Wir haben die Preise von 19 Grundnahrungsmitteln in 20 Filialen von 4 großen Einzelhändlern in NRW-Großstädten verglichen: Blumenkohl, Möhren, Äpfel, Bananen, Kartoffeln, Weizentoastbrot, frische Weizenbrötchen, Weizenmehl Typ 405, Spaghetti, Parboiled Reis, frische Milch, Joghurt, Gouda, Eier, Hackfleisch, Hühnerbrust, Kidneybohnen, Sonnenblumenöl und Butter. Diese zweite Stichprobe haben wir am 9. Mai 2023 durchgeführt, das erste Mal davor am 21. März. Im Sommer werden wir die Preiserfassungen wiederholen.
So groß sind die Preisunterschiede
Bei 17 der 19 verglichenen Lebensmittelpreise im Mai gab es Unterschiede von mehr als 100 Prozent. Ein Blumenkohl kostete zum Beispiel in einem Geschäft 0,99 Euro, in einem anderen zur gleichen Zeit dagegen 4,99 Euro – ein Unterschied von 404 Prozent. 500 Gramm Spaghetti kosteten je nach Einkaufstätte und Marke zwischen 1,58 Euro und 6,58 Euro je Kilo – die Preisspanne liegt damit bei 316 Prozent. Und der Preis eines Liters Sonnenblumenöl bewegte sich zwischen 1,99 Euro und 6,12 Euro – ein Unterschied von 207 Prozent. Die größte Preisspanne gab es bei Kartoffeln mit 454 Prozent, die geringste bei Hühnerbrust der Haltungsstufe 2 mit 69 Prozent. Bei Butter reichten die Preise von 5,56 Euro bis 15,16 Euro pro Kilogramm.
Der insgesamt teuerste Einkauf am 9. Mai kostete 71,58 Euro. Am 21. März waren es 62,93 Euro. Wenn wir in verschiedenen Märkten und Städten eingekauft hätten, wäre eine maximale Ersparnis von 36,80 Euro (30,95 Euro im März) möglich gewesen. Ein vergleichbarer Warenkorb hätte 34,78 Euro gekostet. Wer gezielt einkauft und No-Name-Produkte wählt, kann den Geldbeutel schonen.
Sind Eigenmarken immer günstiger als Markenprodukte?
Generell ja – einzige Ausnahme waren Makenprodukte im Sonderangebot. Ohne Sonderaktionen zu berücksichtigen waren Eigenmarken in allen Einkaufsstätten günstiger als vergleichbare Markenprodukte. Besonders auffällig war außerdem, dass die Preise der Eigenmarken in der Regel gleich oder kaum unterschiedlich waren, während es bei klassischen Markenprodukten große Preisspannen zwischen einzelnen Filialen gab.
Unterschiede in der Qualität gibt es zwischen Eigenmarken und Markenprodukten kaum. Das hat die Stiftung Warentest Anfang 2023 beim Vergleich von 786 Marken- und 628 Eigenmarken-Produkten gezeigt. Obwohl gerade in den vergangenen Monaten die Preise bei Eigenmarken stärker gestiegen sind als bei Markenware, lässt sich dort immer noch Geld sparen.
Sind Discounter immer günstiger als Supermärkte?
Nein, nicht pauschal. Unsere Preisvergleiche im Mai und März haben gezeigt, dass Blumenkohl, Butter und Sonnenblumenöl bei Discountern mit am teuersten waren.
Ist Gemüse wirklich so teuer wie Fleisch?
In Medien und sozialen Netzwerken wird häufig behauptet, Gemüse sei fast so teuer wie Fleisch geworden. Unsere Stichprobe konnte das nicht bestätigen: Das teuerste Gemüse war Blumenkohl für 4,99 je Kilogramm, das teuerste Obst waren Äpfel für 3,99 Euro je Kilogramm. Das günstigste Fleischangebot war dagegen gemischtes Hackfleisch für 5,98 Euro je Kilogramm. Die teuersten Fleischprodukte aus Haltungsstufe 1 bzw. 2 kosteten rund 13 Euro je Kilogramm, die teuersten Gemüse- und Obstangebote bewegten sich zwischen 1,79 Euro und 4,99 Euro je Kilogramm.
Auch die Auswertung der Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass die Gemüsepreise − anders als beispielsweise bei Getreideprodukten und tierischen Lebensmitteln − sich weitgehend auf dem Niveau des Jahres 2020 bewegen, trotz stark steigender Energiepreise und den Auswirkungen des Ukrainekriegs.
Warum führen wir diesen Marktcheck durch?
Die monatlich veröffentlichten statistischen Daten zu Lebensmittelpreisen zeigen nicht die ganze Verbraucherrealität. Denn die offiziellen statistischen Inflationsdaten stellen Durchschnittswerte dar, welche auf Monats- und Vorjahresvergleichen beruhen. Durchschnitte und Vorjahresvergleiche reichen jedoch nicht aus, um das ganze Bild zu zeigen. Sie verschleiern die Auswüchse des Markts: Die Realität an der Supermarktkasse sieht nämlich ganz anders aus. Hier haben gleiche bzw. vergleichbare Produkte oft extrem unterschiedliche Preise. Wie diese Diskrepanzen zustande kommen ist unklar – offensichtlich führen sie aber am Ende zu sehr großen Unterschieden auf dem Kassenzettel. Zudem werden dabei Durchschnittspreise ermittelt und keine Verbraucherpreise konkreter Produkte und Marken ausgewertet. So gibt beispielsweise der statistische Verbraucherpreis für Butter keine Auskunft darüber, ob es sich um günstige No-Name-Butter oder teure Markenbutter handelt.
Außerdem verdecken Vorjahresvergleiche, dass die drastische Preissteigerung bei Lebensmitteln bereits seit Sommer 2021 anhält. Im Zeitraum von Juni 2021 bis April 2023 betrug die Teuerung so bereits 28,6 Prozent – deutlich mehr als im Vorjahresvergleich (April 2022 bis April 2023 +17,2 Prozent).
Aus den Ergebnissen ziehen wir unter anderem Schlüsse für unsere politischen Forderungen. Eine davon ist die Schaffung einer Preistransparenzstelle, die Lebensmittelpreise konkreter Produkte und Marken systematisch und dauerhaft auswertet. Damit ließen sich mögliche Mitnahmeeffekte und versteckte Preiserhöhungen von Händlern und Herstellern aufdecken und in Einzelfällen verfolgen.
Ebenso wichtig wäre eine deutliche Kennzeichnung von Preiserhöhungen am Supermarktregal. Das würde gerade in Krisenzeiten vielen helfen und wäre ein wichtiger Schritt für den Verbraucherschutz.