Während die Politik noch über richtigen Zeitpunkt und Weg diskutiert, ist der Brexit bei den Verbrauchern schon lange angekommen. Viele Unternehmen verlassen bereits das Vereinigte Königreich und siedeln sich in anderen EU-Mitgliedstaaten an. Davon betroffen sind auch Verbraucher in Deutschland.
Das Wichtigste in Kürze:
- Bewahren Sie Ruhe und kündigen Sie nicht überstürzt! Versicherungsverträge bleiben mit allen Rechten und Pflichten bestehen.
- Bei Übertragung auf irischen Versicherer entfällt für Verträge ab 02.12.2001 der Schutz der britischen Insolvenzsicherung.
- Nehmen Sie den Brexit zum Anlass, die eigene Vorsorge auf den Prüfstand zu stellen.
- Unter Umständen können Sie Ihre britische Lebens- und Rentenversicherung auch heute noch widerrufen.
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Während die Politik noch über richtigen Zeitpunkt und Weg diskutiert, ist der Brexit bei den Verbrauchern schon lange angekommen. Viele Unternehmen verlassen bereits das Vereinigte Königreich und siedeln sich in anderen EU-Mitgliedstaaten an. Davon betroffen sind auch Verbraucher in Deutschland.
Vor diesem Hintergrund hatte auch der britische Versicherer Standard Life (SL) seine Kunden über die Übertragung seiner Bestände auf die irische Konzerntochter informiert. Mit Anschreiben und ausführlichem Begleitheft erklärte Standard Life seinen rund 600.000 betroffenen Kunden die Pläne: Die Verträge, die bislang in Schottland geführt wurden, sind im Frühjahr 2019 auf den irischen Versicherer Standard Life International übertragen wurden. Ein schottisches Gericht musste diesem Plan im Februar 2019 noch zustimmen. Auch prüften die britischen Aufsichtsbehörden das Vorhaben und haben im Rahmen dessen u.a. auch die deutsche Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einbezogen. Zudem wurde mit Zustimmung der britischen Aufsichtsbehörde ein unabhängiger Sachverständiger bestellt, der die Auswirkungen des Übertragungsplans auf die betroffenen Versicherungsverträge prüfte und in einem Gutachten veröffentlichte.
Sämtliche Rechte und Pflichten bleiben unverändert
Mit der Übertragung auf einen irischen Versicherer bleiben die Verträge auch weiterhin bei einem Unternehmen in der EU. Das dürfte nach einem Brexit – wie auch immer er dann ausgestaltet sein wird – sicherlich ein Vorteil sein. Alle EU-Regelungen gelten weiterhin. Ohnehin bleiben für Versicherer und Versicherungsnehmer sämtliche Rechte und Pflichten des Vertrages unverändert, der Vertrag wird 1:1 vom neuen (irischen) Versicherer übernommen. Auch werden die deutschen Kunden unverändert von einer Niederlassung in Deutschland (Frankfurt) betreut und Standard Life wird wohl weiterhin auch am Ombudsmannverfahren der deutschen Versicherer teilnehmen.
Zudem werden sämtliche Rechtsstreitigkeiten weiterhin in deutscher Sprache und nach deutschem Recht geführt. Das bedeutet, dass zum Beispiel Klagen von Versicherungsnehmern gegen den Versicherer in deutscher Sprache verfasst und an die deutsche Niederlassung zugestellt werden.
Mit der Übertragung geht aber für viele Verträge auch ein deutlicher Nachteil einher: Bisher waren die Kunden im Falle einer Insolvenz des Versicherers über die britische Sicherungseinrichtung FSCS geschützt. Bislang bestand Insolvenzschutz für alle Verträge, die nach dem 01.12.2001 geschlossen wurden. Für Verträge, die bis einschließlich 10.12.2001 abgeschlossen wurden, gab es auch bislang keinen Insolvenzschutz durch die FSCS.
Sofern also schon bislang kein Insolvenzschutz bestand, ändert sich diesbezüglich durch die Übertragung nichts
Mit dem Verlassen des Königsreichs wurde der Schutzschirm der Insolvenzversicherung verlassen. Und eine vergleichbare Einrichtung gibt es in Irland nicht. Standard Life geht damit zumindest transparent um und wies deutlich auf diesen Umstand hin. Der Wegfall der Sicherungseinrichtung hat nach Ansicht des Sachverständigen "keine wesentliche nachteilige Auswirkung auf die Inhaber von zu übertragenden Versicherungsverträgen". Weiterhin heißt es, eine Insolvenz von SL stelle ein unwahrscheinliches Ereignis dar, weil SL sofort nach der Übertragung in zweckmäßiger Weise kapitalisiert werde und die Anforderungen von Solvency II erfüllen müsse.
Dieses Vertrauen müssen wohl zukünftig auch viele Betriebe und Arbeitnehmer haben, die ihre betriebliche Altersvorsorge über Standard Life aufgebaut haben und die nun ebenfalls vom Wegfall des britischen Insolvenzschutzes betroffen sind.
Beschwerden bei der BaFin möglich
Versicherungsnehmer haben zum einen die theoretische Möglichkeit, ihre Bedenken gegenüber Standard Life zu äußern. Zum anderen können sich Versicherungsvertragsinhaber in Deutschland mit Beschwerden auch an den Versicherungsombudsmann und die BaFin wenden.
Nehmen Sie den Brexit und die Übertragung zum Anlass und stellen Sie Ihre Altersvorsorge als Ganzes auf den Prüfstand! Hierzu bietet die Verbraucherzentrale NRW eine entsprechende Beratung an.