Behörden fanden bei Kontrollen im Internet viele hundert nicht verkehrsfähige Nahrungsergänzungsmittel – auf knapp 80 Prozent der geprüften Internetseiten.
Probleme im Online-Handel
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist es verboten, Nahrungsergänzungsmittel mit vorbeugenden, lindernden oder heilenden Wirkungen zu bewerben. Denn auch wenn die Hersteller sie in arzneitypischer Aufmachung als Pillen, Kapseln oder Pulver anbieten, sind es Lebensmittel, die die normale Ernährung ergänzen sollen. Die Praxis zeigt allerdings ein anderes Bild. Gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln häufen sich Hinweise und Beschwerden zu Internetshops und -marktplätzen. Auch der Marktcheck der Verbraucherzentralen zu Gelenkmitteln zeigte, dass insbesondere die Betreiber von Internetshops bei Gesundheitsversprechen negativ auffallen.
Erste EU-weite Kontrolle des Online-Handels mit Nahrungsergänzungen
Im September 2017 fand europaweit die erste koordinierte amtliche Kontrolle von Lebensmittelangeboten im Internet ("eFood") statt. 25 EU-Mitgliedsstaaten sowie die Schweiz und Norwegen überprüften fast 1100 Webseiten. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf nicht zugelassenen neuartigen Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln, die Anbieter mit unzulässigen Angaben zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Erkrankung bewarben. Die Behörden ermittelten insgesamt 779 Produktangebote, die nicht verkehrsfähig waren. Davon betrafen 428 nicht zugelassene neuartige Lebensmittel wie bspw. den angeblichen Appetithemmer Hoodia und 351 Nahrungsergänzungsmittel mit unzulässigen Gesundheitsversprechen zu Knochen und Gelenken.
Der Bericht der Europäischen Kommission kommt zu dem Schluss, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln stärker kontrolliert werden muss. Die Wahrscheinlichkeit Nahrungsergänzungsmittel im Internet zu finden, die nicht EU-rechtskonform sind, ist sehr hoch. Bereits im Rahmen der Aktion hat die Europäische Kommission eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Mitgliedstaaten bei den Kontrollen zu unterstützen, beispielweise die Schulung von Mitarbeiter:innen der amtlichen Überwachung in Online-Untersuchungen.
ECommerce of Food 2019 International Conference on Trends and Official Control
Eine Folge der EU-weiten Untersuchung war diese große internationale Konferenz in Deutschland, veranstaltet vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz gemeinsam mit der EU-Kommission.
Hier wurde deutlich, dass der Online-Handel von Lebensmitteln zwar ein sehr großes Potenzial hat und neue vielfältige Möglichkeiten für Verbraucher und Anbieter bietet, jedoch ebenso viele Herausforderungen schafft, zum Beispiel für Kontroll- und Aufsichtsbehörden in Hinblick auf gefährliche oder unzulässige Produkte. Die Digitalisierung, neue technische Möglichkeiten, Entwicklungen von mobilen Bezahlmöglichkeiten und Omnichannel-Nutzungsverhalten stellen in diesem Rahmen Treiber da, die neben dem rechtlichen Rahmen und dem globalen Handel im Blick behalten werden müssen.
Aus Verbrauchersicht bedeutet das aber auch, dass mehr gut geschultes und technisch optimal ausgestattetes Kontrollpersonal sowie Unrechtsgewinnabschöpfung benötigt wird, um diese zusätzlichen Aufgaben zu finanzieren. Und Ministerin Klöckner ist aufgefordert, sich bei der EU dafür einzusetzen, dass nicht nur die Internethändler, sondern auch Verkaufsplattformen und Marktplätze bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht zur Verantwortung gezogen werden.
Ein weitere Aktion von 10 europäischen Ländern – OPSON XIII - zusammen mit Europol führte 2019 dazu, dass 75 Online-Verkaufsangebote für Schlankheitsmittel mit dem hochgefährlichen 2,4-Dinitrophenol-DNP vom Markt genommen wurden und mehr als 50.000 DNP-Kapseln am Markteintritt in die EU gehindert wurden.
Schon der EU Jahresbericht 2018 zu Lebensmittelbetrug hatte gezeigt, dass vor allem Nahrungsergänzungsmittel immer wieder negativ auffallen. Sie gehörten zu den fünf Lebensmittelgruppen, bei denen am häufigsten Auffälligkeiten untersucht wurden. Die Verstöße betrafen vor allem Falschdeklaration (58 Prozent), Produktverfälschungen (19 Prozent) sowie fehlende oder gefälschte Dokumente (12 Prozent).