Nach Aussage des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (Kinderärzte im Netz) ist nach dem vollendeten zweiten Lebensjahr eine zusätzliche Gabe zur primären Prävention grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Allerdings müssten diese Empfehlungen vermutlich überdacht und modifiziert werden. Ob ein Vitamin-D-Mangel vorliegt, können Kinder- und Jugendärzt:innen durch eine Blutuntersuchung feststellen. Die obere sichere Grenze der Vitamin-D-Zufuhr (UL) liegt laut EFSA für Kinder bei 25 Mikrogramm pro Tag aus allen Quellen. Wenn Sie Ihren Kindern eine Nahrungsergänzung geben möchten, sollten Sie die richtige Dosierung kinderärztlich abklären lassen. Eine Supplementierung ohne Arzt sollte nicht mehr als etwa 50 % der BfR-Empfehlungen für Erwachsene erreichen, also max. 10 Mikrogramm .
In anderen Ländern gibt es klarere Empfehlungen für eine Vitamin-D-Supplementierung von Kindern. Die Britische Pädiatrische Gesellschaft (British Pediatric Society) empfiehlt eine Supplementierung von 10 Mikrogramm pro Tag bis zum Alter von vier Jahren, vor allem in den Wintermonaten. Die Guideline der amerikanischen Endocrine Society (2024) empfiehlt die Einnahme von Vitamin D sogar bis zum 18. Lebensjahr, auch um möglicherweise Atemwegserkrankungen vorzubeugen, nennt aber keine konkrete Dosierung.
Kann ich meinen Tagesbedarf an Vitamin D über die Nahrung decken?
Es gibt zwei Wege, über die der Körper mit Vitamin D versorgt wird: Zum einen durch die Aufnahme von Vitamin D-haltigen Lebensmitteln, zum anderen über die körpereigene Bildung in der Haut bei Sonnenbestrahlung. Letzteres macht den deutlich größeren Teil aus: Etwa 80-90 % der Vitamin D-Versorgung erfolgt durch regelmäßige Aufenthalte im Freien. Die Bildung von Vitamin D in der Haut hängt dabei von sehr verschiedenen Faktoren ab. Der Breitengrad, die Jahres- und Tageszeit (UVB-Intensität), Bewölkung, Kleidung, Freizeitverhalten sowie der jeweilige Hauttyp sind nur einige Aspekte.
Für eine ausreichende Versorgung empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen (10-25 Minuten). Sonnenbrand sollten Sie dabei jedoch unbedingt vermeiden. In den Wintermonaten greift der Körper auf im Fett- und Muskelgewebe gespeichertes Vitamin D zurück. Zusätzlich sind in dieser Zeit Spaziergänge zur Mittagszeit empfehlenswert, wenn die Sonne am höchsten steht.
Hautcremes und Makeup mit (hohem) Lichtschutzfaktor können die Bildungsrate von Vitamin D herabsetzen. Sie verursachen jedoch keinen Vitamin-D-Mangel, wie oft behauptet wird. Sonnenschutzmittel sind bei längerem Aufenthalt in der Sonne unerlässlich, um einem Sonnenbrand und Hautkrebs vorzubeugen.
Der Schätzwert für eine angemessene Vitamin D-Zufuhr beträgt laut DGE 20 Mikrogramm pro Tag, während die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA für Erwachsene 15 Mikrogramm pro Tag angibt. Dies gilt aber nur bei fehlender endogener Synthese, das heißt, wenn der Organismus überhaupt kein Vitamin D selbst bilden kann zum Beispiel bei Bettlägerigkeit. Neben der körpereigenen Produktion kann Vitamin D in geringen Mengen - etwa 10 bis 20 Prozent des Schätzwertes - durch die Nahrung aufgenommen werden. Da es zu den fettlöslichen Vitaminen gehört, ist es überwiegend in fettreichen tierischen Lebensmitteln zu finden. Dazu zählen vor allem fetthaltige Seefische wie Hering, Lachs oder Makrele sowie Eigelb, Leber und einige Speisepilze.
Lebensmittel mit Vitamin D anzureichern ist in Deutschland seit vielen Jahren aufgrund der Gefahr einer Überdosierung verboten. Für eine Reihe von Produkten, etwa Margarine, Kinderquark, Orangensaft, Sportgetränke, Pflanzendrinks oder Käsezubereitungen, gibt es jedoch Sondergenehmigungen, sogenannte Allgemeinverfügungen. Allerdings haben die Verbraucherzentralen durch einen Marktcheck in 2021 festgestellt, dass zahlreiche Produkte ohne eine solche Genehmigung auf dem Markt sind - auch solche, bei den das Bundesinstitut für Risikobewertung sich ausdrücklich gegen eine Anreicherung ausgesprochen hat. Damit steigt die Gefahr einer zu hohen Aufnahme
Außerdem wurden in den letzten Jahren von der Europäischen Kommission mehrere neuartige Lebensmittel zugelassen, die aufgrund einer Bestrahlung mit UV-Licht einen höheren Gehalt an Vitamin D2 aufweisen, zum Beispiel Champignons, Milch oder Brot. Mit UV-Strahlung behandelte Lebensmittel müssen mit einem vorgeschriebenen Hinweis gekennzeichnet werden. Sollten Sie UV-behandelte Lebensmittel konsumieren, seien Sie vorsichtig mit der zusätzlichen Einnahme Vitamin D-haltiger Nahrungsergänzungsmittel, um eine mögliche Vitamin-D-Überdosierung durch Aufsummierung zu vermeiden!
Kann die Einnahme von Vitamin D bei gesunden Erwachsenen Krankheiten vorbeugen?
Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit hat anhand wissenschaftlicher Studien die Frage untersucht, ob die Einnahme von Vitamin D bei gesunden Erwachsenen (unabhängig von ihrem Serumspiegel) einen nachweisbaren präventiven Effekt hat. Hier die wesentlichen Ergebnisse:
- Atemwegsinfektionen und Immunsystem: Eine Vitamin-D-Supplementierung kann die Häufigkeit an Atemwegsinfektionen / COVID-19 eher nicht reduzieren. Möglicherweise gibt es einen minimalen vorbeugenden Effekt gegen Infektionen mit Erkältungs-, Schnupfen- und Grippeviren.
- Depression: Kein statistisch signifikanter Effekt bezüglich depressiver Symptomatik.
- Diabetes: Möglicherweise keine Reduktion von Typ 2 Diabetes durch Vitamin D.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Vitamin D schützt wahrscheinlich nicht vor Herzinfarkt und Schlaganfall.
- Knochenbrüche: Vitamin-D-Einnahme alleine hat möglicherweise keine Auswirkung auf die Prävention von Knochenbrüchen.
- Krebs: Wahrscheinlich hat Vitamin D keinen Einfluss auf das Auftreten von Krebs.
- Sterblichkeit (Mortalität): Kein Einfluss von Vitamin D auf Mortalität (SRES). Reduktion der Mortalität durch Vitamin D(₃) bei älteren Personen.
Zum Weiterlesen:
Vitamin D-Versorgung in Deutschland
Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Vitamin D-Speicher im Sommer auffüllen: Wer braucht Nahrungsergänzungsmittel? BZfE-Newsletter Nr. 33 vom 17.08.2022
Zum Anschauen: