Viel Luft, dicke Wände, doppelte Umverpackungen: Manchmal ist weniger in der Verpackung, als der Verbraucher annimmt. Warum? Das begründen einige Hersteller kurios.
Viel Verpackung heißt nicht immer viel Inhalt. Die Zahl der Verbraucherbeschwerden zeigt, dass etliche Hersteller die Packungen größer machen als es erforderlich wäre. Verbraucher fühlen sich getäuscht und fragen: "Dürfen die das?"
Es gibt ein gesetzliches Täuschungsverbot, geregelt in § 43 Absatz 2 des Mess- und Eichgesetzes (MessEG). Demnach dürfen Fertigpackungen mit ihrer Gestaltung und Befüllung keine größere Füllmenge vortäuschen, als sie tatsächlich enthalten. Das Problem dabei: Es gibt keine konkrete gesetzliche Bestimmung, ab wann eine Täuschung vorliegt. Die Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen (AGME) spricht allgemein von einer Täuschung, wenn der Freiraum in einer Packung 30 Prozent oder mehr beträgt. Das ist jedoch nur ein rechtlich nicht verbindlicher Anhaltspunkt.
Wie rechtfertigen die Hersteller ihr Vorgehen? Die Verbraucherzentrale NRW hat 15 Unternehmen angeschrieben und um Stellungnahmen gebeten. Anlass waren Verbraucherbeschwerden zu unterschiedlichen Produkten wie Milchschnitte, Müslibecher oder Leberwurst. Die kuriosesten Argumente:
Ferrero begründet die kleine Milchschnitte in recht großer Verpackung u.a. damit, dass sich die Packung durch die Luftpolsterung besser öffnen lasse. Eine Verbraucherbeschwerde, dass die Schnitte kürzer geworden sein soll, weist der Hersteller zurück: seit mindestens 20 Jahren wiege der Snack 28 Gramm. Auch ein nicht komplett befülltes "Big Pack" von Tic Tac wurde kritisiert. Ferrero meint dazu, dass der Verbraucher die Füllmengenangabe und die Angaben zur Anzahl der enthaltenen Dragees von außen sehe und sich deshalb nicht getäuscht fühlen könne.
Von Jack Link's Meat Snacks wurde Jack Link's Beef Snack Peppered kritisiert. Der Hersteller meint in seiner ausführlichen Stellungnahme u.a., dass Verbraucher keine Erwartung an die Füllmenge bei einer übergroßen Verpackung hätten, denn andere Hersteller würden es ähnlich handhaben. Daher wären es Verbraucher innerhalb des Snack-Marktes gewohnt, dass die Maße der Verpackungen nicht exakt die Maße des Inhalts widerspiegeln und könnten sich nicht getäuscht fühlen.
Zimmermann, ein Hersteller von Light-Leberwurst, geht davon aus, dass Verbraucher insbesondere bei Light-Produkten jene Verpackungen bevorzugen würden, die ein geringeres Gewicht aufweisen. Dies sei "der leichten Ernährungsweise geschuldet". Wir verstehen das so: Eine große und leichte Verpackung deutet also auf ein besonders kalorienarmes Produkt hin. Dieses Argument können wir Verbraucherschützer nicht nachvollziehen.
Jack Link's und Zimmermann begründen ihre Packungsgrößen außerdem damit, alle erforderlichen Kennzeichnungselemente optimiert gut lesbar aufbringen zu können. Dabei könnte man die Verpackungen doch einfach mit mehr Inhalt füllen und das höhere Gewicht gut sichtbar kennzeichnen.
Vier Hersteller erklärten, dass viel Luft in der Verpackung "produktionstechnisch bedingt" und nicht anders zu lösen sei. Sechs Unternehmen argumentierten, dass die Füllmenge und/oder die Portion auf der Verpackung gekennzeichnet und von außen eindeutig zu erkennen sei. Deshalb könne sich der Verbraucher nicht getäuscht fühlen.
Ferner wurde häufig angeführt, man greife immer nur auf eine Standardverpackung mit den gleichen Maßen zurück. Die könne man nicht für unterschiedliche Produkte anpassen. So sind die 500-Gramm-Müslibecher mit leichten Cornflakes höher befüllt als mit schwereren Haferflocken.
Immerhin wollen nun 4 der 15 angeschriebenen Hersteller prüfen, ob sich ihre Packungen optimieren und verkleinern lassen. Alnatura zum Beispiel, die den großen Karton ihrer Lasagne 100 % Hartweizen damit begründen, dass die Platten mehr Spielraum haben sollen, damit sie nicht brechen, falls sie sich durch Feuchtigkeit wellen. Aldi Nord prüft die Packung des Rookhus Feiner Räucherfisch echter Stremel-Lachs Natur, Lidl die Deluxe Trinkschokolade Amazonas und Sidroga die Teekollektion Sidroga organic Wahres Leben.