Infodemie: Wenn Informationen zur Gefahr werden
Von einer Infodemie spricht man, wenn sich falsche oder irreführende Informationen ähnlich schnell oder sogar schneller verbreiten als ein Virus. Laut Studien geben rund 20 Prozent der Befragten an, bereits mit Falschinformationen konfrontiert worden zu sein. Digitale Kanäle wie soziale Netzwerke und Messenger-Dienste wie Telegram tragen maßgeblich zur schnellen, unkontrollierten Verbreitung solcher Inhalte bei.
Die Folgen sind gravierend, denn Gerüchte, Mythen und falsche Heilsversprechen können ernsthafte Gesundheitsrisiken verursachen. Beispiele aus der Corona-Pandemie zeigen das:
- Knoblauch als angeblicher Schutz vor einer Ansteckung
- Kamelurin als vermeintliches Heilmittel gegen Covid-19
- "Selbsttest" durch Luftanhalten, um eine Infektion auszuschließen
- Trinken von Desinfektionsmitteln oder Methanol
Was tun Facebook, Instagram oder X gegen Falschinformationen im Gesundheitsbereich?
Digitale Plattformen wie Meta, also Facebook oder Instagram, YouTube oder X, vormals Twitter, haben teilweise auf den öffentlichen Druck reagiert und eigene Maßnahmen gegen Desinformation eingeführt. Dazu zählen unter anderem:
- Kennzeichnung zweifelhafter Inhalte,
- Einschränkung der Reichweite,
- Löschung problematischer Beiträge und
- Sperrung wiederholt auffälliger Nutzer:innen
Der Nachteil: Die Kriterien, nach denen die Plattformen vorgehen, sind häufig intransparent und werden nicht ausreichend kommuniziert.
Seit 2023 etwa kennzeichnet YouTube unter dem Label "YouTube Health" geprüfte Gesundheitskanäle, deren Inhalte von medizinischen Fachpersonen bewertet wurden.
Aber: Wer genau die Inhalte prüft und nach welchen Maßstäben, bleibt unklar. Die Überprüfung soll von „Google Clinical“ durchgeführt werden, doch Informationen über die Qualifikation der Prüfer:innen fehlen. Zudem erhalten auch kommerzielle YouTube-Kanäle das Label.
Im Januar 2025 stellte Meta seine Fact-Checking-Programme ein und ersetzte sie durch ein freiwilliges "Community Notes"-System, das von Nutzer:innen getragen wird. • Community Notes können von organisierten Gruppen gezielt beeinflusst werden, indem sie Notizen hoch- oder runtervoten. Auch staatliche Akteure könnten versuchen, Einfluss zu nehmen.
Beide Systeme stehen in der Kritik, weil sie entweder zu wenig inhaltliche Kontrolle und Transparenz bieten, wie "YouTube Health", oder professionelle Standards durch eine manipulierbare Community-Lösung ersetzen, wie Meta Community Notes.
Welche Stellen und Behörden regulieren Gesundheitsinformationen im Netz?
Mit dem Digital Services Act (DSA), der am 17. Februar 2024 vollends in Kraft trat, hat die Europäische Union klarere Regeln für digitale Plattformen geschaffen: Das gilt natürlich auch für Online-Plattformen aus dem Gesundheitsbereich. In Deutschland wacht die Bundesnetzagentur darüber, dass die vereinbarten Vorgaben eingehalten werden, kann aber selbst keine Inhalte löschen oder Profile sperren lassen.
Bei Falschinformationen mit Gesundheitsbezug sind unterschiedliche Stellen zuständig, je nachdem, um welches Produkt und welchen Regelverstoß es sich handelt.
- Die Landesbehörden für Arzneimittelüberwachung kümmern sich unter anderem um die Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von Arzneimitteln und Medizinprodukten.
- Gewerbeaufsichtsämter und Gesundheitsämter verfolgen in diesem Bereich Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG).
- Die Lebensmittelüberwachungsämter (LMÜ) sorgen für sichere Lebensmittel. In ihre Verantwortung fallen somit auch Nahrungsergänzungsmittel. Unzulässige gesundheitsbezogene Werbeaussagen zu solchen Produkten kann man an die LMÜ melden, zum Beispiel Verstöße gegen die sogenannte Health-Claims-Verordnung (HCVO).
Was kann ich tun, wenn ich problematische Gesundheitsinfos entdecke?
Wenn Sie auf problematische Gesundheitsversprechen stoßen, etwa in Online-Shops oder bei Influencer:innen, wenden Sie sich gerne auch an die Verbraucherzentralen. Diese bieten Beratung, nehmen Beschwerden entgegen und mahnen, wenn möglich, Anbieter ab.
Daneben prüfen die Landesmedienanstalten journalistische Inhalte, das heißt Rundfunk und rundfunkähnliche Formate wie Streaming, und kontrollieren etwa, ob gesundheitsbezogene Werbung ausreichend als solche gekennzeichnet ist.
Zudem können auch die Bundesnetzagentur, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie gegebenenfalls die Polizei oder Staatsanwaltschaft tätig werden, insbesondere, wenn es um strafrechtlich relevante Inhalte geht. ________________________________________