Landtagswahl in NRW: Für eine moderne Verbraucherpolitik 2022-2027

Stand:
Politische Forderungen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zur Landtagswahl am 15. Mai 2022

NRW wählt im Mai ein neues Parlament und schon jetzt steht fest, dass nach der Wahl große Aufgaben zu bewältigen sind. Noch immer fordert die Corona-Pandemie uns in allen Lebensbereichen. Das Gesundheitswesen ist bereits an seine Grenzen geraten, aber auch Wirtschaft und Verbraucher:innen leiden auf vielfältige Weise unter der erheblichen und lang anhaltenden Belastung. Neben der Pandemie gibt es weitere große Herausforderungen, vor denen unser Land in den kommenden Jahren steht: Digitalisierung, Klimawandel, demographischer Wandel, Teilhabe durch Bildung und soziale Gerechtigkeit sind hier nur einige Beispiele.

Vor diesem Hintergrund hat die Verbraucherzentrale NRW zur Landtagswahl elf zentrale Forderungen aufgestellt und lädt die demokratischen Parteien und die Wähler:innen in NRW zur Diskussion ein.

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Langlaufende Verträge: Verbraucher:innen vor Nachteilen beim Vertragsschluss schützen

Titelbild langlaufende Verträge

Zu oft erhalten Verbraucher:innen in Geschäften einen für sie unpassenden oder überteuerten Vertrag, weil vor Ort die Möglichkeit einer sorgfältigen Prüfung fehlt und/ oder ihnen bewusst Verträge untergeschoben werden. Auch im Ladenlokal geschlossene Verträge über Dauerschuldverhältnisse, wie Telefon- oder Handyverträge, müssen daher widerrufen werden können.

Verbraucher:innen stehen im Alltag immer wieder vor der Herausforderung, aus einer Vielzahl von Angeboten ein für sie passendes auszuwählen. Dabei sind sie auf ausreichende Informationen der Anbieter angewiesen. Aus unseren Beratungen wissen wir jedoch, dass den Kund:innen oftmals unpassende oder gänzlich ungewollte Verträge
untergeschoben werden. Werden solche Verträge im Geschäft abgeschlossen, sind Verbraucher: innen besonders schutzwürdig. Denn zum einen sind Verträge über Dauerschuldverhältnisse, wie Telekommunikationsverträge, sehr komplex. Auf die Schnelle und aus der Drucksituation des Verkaufsgesprächs heraus ist es fast unmöglich, sämtliche Vor- und Nachteile des Vertrages zu erfassen. Zum anderen zeigt sich in der Praxis, dass eine transparente Verbraucherinformation vor Ort – auch durch persönliche Beratung – nicht gewährleistet ist. Anders als bei Verträgen, die via Internet, Telefon oder an der Haustür abgeschlossen werden, können die Kund:innen beim Vertragsschluss im Geschäft jedoch nicht ohne Angabe von Gründen im Nachhinein per Widerrufsrecht davon zurücktreten. Ein Umstand, der zudem vielen gar nicht bewusst ist. Um wirksamen Verbraucherschutz zu gewährleisten, ist es daher erforderlich, dass Verbraucher:innen auch im stationären Handel geschlossene Verträge über Dauerschuldverhältnisse für einen bestimmten Zeitraum nachträglich widerrufen können.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • ein 14-tägiges Widerrufsrecht für im stationären Handel geschlossene Verbraucherverträge über Dauerschuldverhältnisse, wie Telekommunikations- und Fitnessstudioverträge, einzuführen.

Stärkung der schulischen Verbraucherbildung

Titelbild schulische Verbraucherbildung

Der Verbraucheralltag wird immer komplexer – vielfach zu komplex, um die zwingend zu vermittelnde Verbraucherbildung allein den Eltern zu überlassen. Frühzeitige Verbraucherbildung in allen Schulformen und Klassenstufen ist daher von elementarer Bedeutung.

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind heute mehr denn je mit den Herausforderungen in ihrer Rolle als Verbraucher:innen konfrontiert. Oft fehlen ihnen jedoch Kenntnisse und Fertigkeiten, wenn es um den Schutz ihrer persönlichen Daten im Internet geht, sinnvoll mit dem eigenen Geld zu haushalten, sich gesund zu ernähren oder verantwortungsvoll mit den natürlichen Ressourcen umzugehen. Damit alle jungen Verbraucher:innen frühzeitig alltagsrelevante Konsum- und Finanzkompetenzen entwickeln, müssen diese verbindlich und fächerübergreifend in allen Schulformen und Klassenstufen vermittelt werden. Schulen bieten in einigen Bereichen der Verbraucherbildung zudem die Möglichkeit, Erlerntes auch direkt erlebbar und damit einprägsamer zu machen. Wo immer es sich anbietet, müssen daher Theorie und Praxis im Schulalltag im Sinne des „Whole-Institution-Approaches“ miteinander verbunden werden. Grundvoraussetzung für die Abbildung der großen Bandbreite der Verbraucherbildung an den Schulen sind darüber hinaus entsprechend an den Universitäten aus- und im Berufsleben fortgebildete Lehrer:innen.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf …

  • Verbraucherbildung verbindlich und fächerübergreifend in allen Schulformen und Klassenstufen einzuführen.
  • Verbraucherbildung als prüfungsrelevantes Querschnittsthema zu etablieren.
  • die Schulen mit den nötigen Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten auszustatten, um sie als Lehr- und Lebensraum im Sinne des „Whole-Institition-Approaches“ zu gestalten.
  • Verbraucherbildung in der Lehreraus- und -fortbildung fest zu verankern.

Stationäre Pflege in NRW bezahlbar machen

Themenkarte zur Pflege

Die Kosten für Pflegebedürftige in der stationären Pflege sind in NRW bundesweit am höchsten. Die finanzielle Belastung für Betroffene und ihre Angehörigen ist immens und wird absehbar weiter steigen. Die Politik muss dringend Maßnahmen für eine spürbare Entlastung ergreifen.

Wer in Nordrhein-Westfalen in einem Pflegeheim lebt, muss tief in die eigene Tasche greifen: Gut 2.500 Euro beträgt die finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen in der
stationären Pflege hierzulande durchschnittlich. Die Heimbewohner:innen bzw. ihre Angehörigen müssen die pflegebedingten Kosten, die nicht von der sozialen Pflegeversicherung abgedeckt werden und bei durchschnittlich 879 Euro pro Monat liegen, die Kosten für Unterkunft und Verpflegung – im Schnitt 1.062 Euro – und die so genannten Investitionskosten, die in NRW durchschnittlich 555 Euro betragen, selbst übernehmen. Dabei ist noch nicht die Ausbildungsumlage berücksichtigt, die – je nach Einrichtung – im Monat zwischen 150 und 210 Euro zusätzlich ausmacht. Die demografische Entwicklung einerseits sowie die steigenden Löhne in der Pflege andererseits werden die finanziellen Belastungen für Betroffene zudem weiter steigen lassen. Die bisherigen Pflegereformen reichen in keinem Fall aus.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • sich für einen Steuerzuschuss einzusetzen, mit dem die Heimbewohner:innen spürbar entlastet werden.
  • darauf hinzuwirken, dass die Leistungen der Pflegeversicherung regelhaft und zuverlässig entsprechend der Inflationsrate und den Steigerungen der Personalkosten angepasst werden.
  • sich dafür stark zu machen, dass die Kosten für die medizinische Behandlungspflege in stationären Einrichtungen von den Krankenkassen übernommen werden.
  • dafür zu sorgen, dass die Investitionskosten in der stationären Pflege nicht mehr einseitig den Pflegebedürftigen aufgebürdet werden und die Ausbildungsumlage im Rahmen der generalistischen Pflegeausbildung abgeschafft wird.
  • mittelfristig einen Finanzausgleich zwischen sozialer Pflegeversicherung und privater Pflegepflichtversicherung anzustreben, um die Pflege solidarisch und nachhaltig zu finanzieren.

Energiewende: Offensive für Solarstrom und Prosumer

Themenkarte zur Energiewende

Mit Strom, den Verbraucher:innen selber produzieren, können sie maßgeblich zur Energiewende beitragen. Durch unnötige Bürokratie, mangelnde Informationen und
Intransparenz über bestehende Möglichkeiten und Geschäftsmodelle bleibt hier bislang jedoch ein großes Potenzial ungenutzt.

Verbraucher:innen können heutzutage insbesondere mit einer eigenen Photovoltaik- Anlage aktiv am Energiemarkt teilnehmen. Prosumer, die Strom nicht mehr nur konsumieren, sondern auch selber produzieren, können ihre Energieausgaben senken oder Einnahmen generieren, indem sie Strom ins Netz einspeisen, und damit auch
einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. In der Realität bauen sich vor den potenziellen Prosumern aber oft hohe Hürden auf. Neben dem Fachkräftemangel im Handwerk legt ihnen vielfach die Bürokratie Steine in den Weg – so zum Beispiel beim Weiterbetrieb „ausgeförderter“ älterer Photovoltaik-Anlagen oder beim Anschluss von Stecker-Solar-Geräten trotz nur geringer Anschlussleistungen. Wo die Maßnahmen noch nicht wirtschaftlich sind oder Zusatzaufwand (wie zum Beispiel beim „Mieterstrom“)
entsteht, fehlt es teilweise an gezielten staatlichen Förderungen. Zudem sind Verbraucher: innen nicht selten aufgrund fehlender Informationen zu ihren Vorhaben oder angebotenen Geschäftsmodellen verunsichert. Mehr Transparenz, beispielsweise auch über ein Online-Vergleichportal, ist hier dringend geboten. Die Einführung der „Smart Meter“ darf die Prosumer-Geschäftsmodelle in technischer wie finanzieller Hinsicht zudem nicht ausbremsen.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • die Prosumer-Rolle privater Haushalte durch Abbau unnötiger Bürokratie zu stärken.
  • noch nicht wirtschaftliche, aber energiepolitisch sinnvolle Maßnahmen finanziell zu fördern.
  • eine Transparenz-, Informations- und Beratungsoffensive zu Prosumer-Möglichkeiten, -Geschäftsmodellen und -Tarifen zu starten.
  • die Vergleichbarkeit von Angeboten zu erhöhen, beispielsweise durch ein Online-Vergleichsportal.
  • den Smart-Meter-Rollout auf Nutzen, Verbraucherfreundlichkeit und Kosteneffizienz zu überprüfen.

Bessere Reparaturmöglichkeiten für einen nachhaltigeren Konsum

Themenkarte zum nachhaltigen Konsum

Durch Reparaturen kann die Lebensdauer von Produkten teils erheblich verlängert und dadurch signifikant Ressourcen, Energie und CO2-Emissionen eingespart werden. Dafür muss die Reparierbarkeit von Geräten verbessert und Reparaturen preislich attraktiver werden.

Viele Verbraucher:innen möchten gerne nachhaltiger handeln. Statt ein defektes Notebook oder Smartphone durch ein neues zu ersetzen, wünschen sich viele eine Reparaturmöglichkeit. Dafür dürfen Reparaturen aber nicht zu kompliziert oder zu teuer sein. Schwer zu öffnende Produkte, nicht zu lösende Einzelteile oder Baugruppen, nicht mehr verfügbare Ersatzteile oder deren Nicht-Weitergabe an Endkund:innen erschweren in der Realität allerdings vielfach die Wiederinstandsetzung, verteuern sie unnötig oder
machen sie sogar gänzlich unmöglich. Durch allgemeine finanzielle Anreize, einfacher zu reparierende Geräte und eine bessere Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie Reparaturanleitungen, Konstruktions- und Schaltplänen können dagegen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass sich Verbraucher:innen viel häufiger für die Reparatur anstelle der Entsorgung entscheiden – zum Wohle von Umwelt und Klima sowie nicht zuletzt auch des eigenen Geldbeutels.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • sich im Bund für einen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Reparaturkosten, aber auch auf Gebrauchtwaren einzusetzen.
  • auf den freien Zugang zu Reparaturinformationen für Endkund:innen sowie eine bessere und längere Verfügbarkeit von Ersatzteilen hinzuwirken.
  • sich dafür stark zu machen, dass mehr Produktgruppen entweder direkt von den EU-Ökodesignvorgaben zur Reparierbarkeit oder aber in analogen Regelwerken erfasst werden und so für langlebige, einfach zu reparierende Produkte zu sorgen.

 


Heizungsaustausch und Gebäudemodernisierung beschleunigen

Themenkarte Heizung und Gebäude

Die Modernisierung von Gebäuden und der Austausch alter Heizungsanlagen muss offensiver angegangen werden. Nur so kann die Energiewende gelingen.

Nahezu zwei Drittel der Gebäude in Deutschland sind vor der ersten Wärmschutzverordnung 1978 errichtet worden und damit von Klimaneutralität meist weit entfernt.
Gleichzeitig stagniert die Sanierungsrate seit Jahren. Die Zeit drängt allerdings: Der Gebäudesektor verursacht hierzulande immer noch etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen.
Diese zu senken und die Wohngebäude bis 2045 klimaneutral zu machen, zählt daher zu den größten Herausforderungen der Energiewende. Um die Verbraucher:innen auf
ihrem Weg zur Klimaneutralität zu begleiten, müssen bauliche Standards gesetzt und Anreize durch entsprechende Fördermittel geschaffen werden. Durch einen Ausbau der
Energieberatung für Verbraucher:innen können die Potenziale privater Investitionen aufgezeigt und die nötige Akzeptanz sowie Motivation für eine Gebäudesanierung oder
den Heizungstausch geschaffen werden. Hoffnungen ruhen zudem auf neuen Möglichkeiten im Bausektor durch die Digitalisierung oder serielle Sanierungen. Dennoch wird
der Fachkräftemangel die Sanierungsrate auf Jahre begrenzen und zu steigenden Kosten führen. Hierauf müssen Bildungs-, Arbeits- und Energiepolitik dringend entschiedener
reagieren und neue Konzepte entwickeln.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • für eine zentrale Rolle der „Wärmewende“ in der Energiepolitik zu sorgen.
  • Klimaneutralität bei Neubauten schon jetzt zum Standard zu machen.
  • der Gebäudemodernisierung mit einem Ordnungsrahmen, starker Förderung und einer Fachkräfte-Offensive Priorität einzuräumen.
  • die Informations- und Beratungsangebote für Bürger:innen auszubauen und zu verstetigen.

Lebensmittelkontrollen stärken und transparent machen

Themenkarte zu Lebensmittelkontrollen

In NRW finden viel zu wenige Lebensmittelkontrollen statt. Mangelhafte Hygiene, Schadstoffe oder Kennzeichnungsverstöße bleiben oft zu lange unentdeckt. Um die Gesundheit der Verbraucher:innen zu schützen, sind mehr und schlagkräftigere Kontrollen notwendig – besonders im Online-Handel – und die Ergebnisse von Betriebskontrollen transparent zu machen.

Egal ob im Supermarkt, in der Gastronomie oder im Online-Shop: Verbraucher:innen müssen sich auf sichere Lebensmittel, korrekte Kennzeichnungen und hygienische Bedingungen verlassen können. Die Zahl der Lebensmittelkontrollen in Deutschland ist zwischen 2007 und 2019 allerdings um 19 Prozent gesunken. In Nordrhein-Westfalen wurde 2019 nicht einmal jeder zweite Betrieb überhaupt kontrolliert. Dringend notwendig sind daher mehr Kontrolleur:innen als Voraussetzung für häufigere Kontrollen. Im Online-Bereich muss zudem der Mangel an passenden technischen Mitteln und konkreten Befugnissen beseitigt werden. Darüber hinaus wünscht sich die große Mehrheit der
Verbraucher:innen mehr Transparenz über die Ergebnisse, um diese in ihre Konsumentscheidungen einbeziehen zu können. Momentan müssen sie Meldungen über Rückrufe teilweise selber suchen oder Auskünfte über die Ergebnisse von Betriebskontrollen aufwendig beantragen. Sie wähnen sich daher oft in falscher Sicherheit.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • wieder mehr sowie schlagkräftigere Kontrollen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung durchzuführen, indem genügend Kontrolleur:innen ausgebildet und eingestellt werden.
  • für eine effektive und umfassende Kontrolle auch des Online-Handels mit Lebensmitteln die notwendigen Strukturen, Befugnisse und Ressourcen bereitzustellen.
  • die Ergebnisse der Betriebskontrollen künftig online und an der Tür der Betriebe zu veröffentlichen – am besten in Form eines leicht verständlichen, einheitlichen, farbigen Transparenzsystems wie dem Kontrollbarometer oder einem Smiley.
  • die Kontrollen von komplexen und nicht nur lokal agierenden Lebensmittelunternehmen von interdisziplinären, überregionalen Kontrollteams durchführen zu lassen.

Gemeinschaftsverpflegung gesünder und nachhaltiger aufstellen

Themenkarte Gemeinschaftsverpflegung

Die Gemeinschaftsverpflegung in NRW muss gesundheitsförderlicher, nachhaltiger und attraktiver werden. In Schulen und Kitas sollte sie gleichzeitig die Ernährungsbildung unterstützen.

Verbraucher:innen aller Altersgruppen verbringen einen Großteil des Tages außer Haus und sind daher auf Gemeinschaftsverpflegungen angewiesen. Die Angebote entsprechen jedoch häufig nicht den Qualitätskriterien einer gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Ernährung. Geschmackliche Defizite oder wenig einladende Räumlichkeiten tragen
zusätzlich dazu bei, dass sich viele von der Gemeinschaftsverpflegung fernhalten und sich oftmals teure und ungesunde Fastfood-Gerichte besorgen. Mahlzeiten und Getränke
in Mensen, Kantinen und Speiseräumen müssen daher viel mehr an wissenschaftlichen Empfehlungen ausgerichtet werden. Mehr regionale Produkte, ein höherer Einsatz von
Biolebensmitteln sowie die Verringerung von Lebensmittelabfällen sind weitere wichtige Anforderungen. Bei all dem muss selbstverständlich die Bezahlbarkeit für alle Menschen gewährleistet bleiben. Durch Stärkung der Kompetenzen von Lehrer:innen, pädagogischen und hauswirtschaftlichen Kräften in der Ernährungsbildung könnten Schulen und Kitas als Lern- und Erlebnisorte für die Entwicklung von ernährungsbezogenen Konsumkompetenzen darüber hinaus eine zentrale Rolle einnehmen.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • verbindliche Orientierungsrahmen auf Grundlage der DGE-Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung in den Landesgesetzen zu implementieren.
  • eine für alle Tischgäste gesundheitsförderliche, nachhaltige und bezahlbare Gemeinschaftsverpflegung zu ermöglichen.
  • die Kenntnisse und Kompetenzen der Ernährungsbildung von Lehrer:innen, pädagogischen und hauswirtschaftlichen Kräften zu stärken und dadurch Bildung und Verpflegung vor Ort besser zu verzahnen.
  • für die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsgastronomien alle relevanten Akteure an Planung und Umsetzung von Maßnahmen zu beteiligen und über qualifizierte Verpflegungsbeauftragte auf Quartiers- oder Stadtteilebene zu unterstützen.
  • die öffentliche Beschaffung im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung nachhaltiger auszurichten.

 


Passgenaue Beratungs- und Bildungsangebote für Verbraucher:innen in besonderen Lebenslagen

Themenkarte besondere Lebenslagen
Menschen in schwierigen persönlichen Lebenslagen sind den Anforderungen des Verbraucheralltags oft nicht gewachsen und finden gleichzeitig bei Problemen zu selten den Weg zu fachkundiger Hilfe. Für sie kann und muss der Zugang zu Unterstützungsangeboten erleichtert werden.

Besonders verletzliche Verbraucher:innen in schwierigen persönlichen Lebenslagen finden erfahrungsgemäß oft nicht den Weg in eine Beratungsstelle der Verbraucherzentrale.
Menschen aus einkommensarmen und bildungsfernen Milieus, Langzeitarbeitslose, Migrant:innen, aber auch Jugendliche und Senior:innen oder Menschen in strukturschwachen ländlichen Regionen stehen in ihrem Alltag Verbraucherproblemen oft ratlos gegenüber. Informationen sind für sie teilweise schwer zugänglich oder nicht verständlich. Sie verfügen nur über begrenzte finanzielle Ressourcen oder sind mobil eingeschränkt. In vielen Fällen haben sie ein geringes Selbsthilfepotential. Verbraucherarbeit muss vor diesem Hintergrund in die Lage versetzt werden, in der Breite Beratungs-, Informations- und Bildungsangebote vor Ort zu schaffen. Die Hilfe muss niedrigschwellig und durch direkten sozialen Kontakt an den Bedürfnissen der Zielgruppe ausgerichtet sein. Nur so kann Verbraucherarbeit präventiv und mit passgenauen Maßnahmen reagieren – und einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beisteuern.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • verletzliche Verbraucher:innen durch dauerhafte, passgenaue Beratungsangebote in den sozial benachteiligten Quartieren zu stärken.
  • durch präventive Informations- und Bildungsangebote in diesen Quartieren darauf hinzuwirken, dass bestimmte Verbraucherprobleme gar nicht erst auftreten und verletzliche Verbrauchergruppen vor Übervorteilung geschützt werden.
  • niedrigschwellige, aufsuchende und nachgehende Verbraucherarbeit grundsätzlich auszuweiten: auf den ländlichen Raum, auf andere Stadtbezirke, auf spezifische Zielgruppen und durch die Bildung von Netzwerken.

Mobilität neu denken

Themenkarte Mobilität

Vor allem im ländlichen Bereich sind noch immer viele Haushalte nicht an den ÖPNV angeschlossen. In den Städten hat dieser zudem nach wie vor ein Akzeptanzproblem. Aber nur mit einer flächendeckenden Anbindung, guten und verlässlichen Verbindungen, attraktiven Fahrpreisen sowie einer besseren Vernetzung mit den übrigen Verkehrsträgern kann die Mobilitätswende gelingen.

Mobilität ist ein Grundbedürfnis und Voraussetzung für zahlreiche existenzielle Dinge des Lebens. Gleichzeitig lässt sich nicht alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen und viele Menschen können oder wollen kein eigenes Auto (mehr) haben. Dennoch sind zahlreiche Haushalte in NRW nicht an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angeschlossen – insbesondere im ländlichen Raum. In vielen Großstädten hat der ÖPNV zudem offensichtlich ein Akzeptanzproblem. Hier ist das Auto weiterhin das am häufigsten benutzte Verkehrsmittel. Ein gutes öffentliches Verkehrsangebot ist daher eine entscheidende Stellschraube, um die Mobilität der Bürger:innen zu erhöhen, die Luftqualität in den Städten zu verbessern, die Klimaziele zu erreichen und Lärmbeeinträchtigungen zu reduzieren. Damit mehr Menschen auf den ÖPNV umsteigen, müssten Busse und Bahne aber pünktlicher und verlässlicher fahren, Fahrpreise attraktiver und das Tarifsystem einfacher werden. Gleichzeitig müssen die Chancen der Digitalisierung für
ein verbessertes Mobilitätsangebot genutzt und Bus und Bahn sowie Auto-, Rad- und Fußverkehr besser miteinander verzahnt werden.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • alle Haushalte in NRW an öffentliche Mobilitätsangebote anzuschließen.
  • die Akzeptanz des ÖPNV durch eine hohe Taktdichte, mehr Verlässlichkeit und attraktive Fahrpreise zu stärken.
  • den Umweltverbund aus Bus und Bahn, Auto-, Rad- und Fußverkehr durch Infrastrukturausbau und die Nutzung der Chancen der Digitalisierung zu fördern.

Alle Verbraucher:innen bei der Digitalisierung mitnehmen und analoge Wege offen halten

Themenkarte Digitalisierung

Viele Menschen tun sich mit den rasanten digitalen Entwicklungen schwer. Die Digitalisierung darf aber niemanden zurücklassen. Der Zugang zur digitalen Welt muss allen
Verbraucher:innen so gut es geht ermöglicht und gleichzeitig analoge Wege offen gehalten werden.

Ob beim Einkauf, dem Medienkonsum oder der Freizeitgestaltung – der Verbraucheralltag wird immer digitaler. Das bietet viele Chancen und komfortable neue Möglichkeiten.
Digitale Kenntnisse und Fertigkeiten werden aber auch immer mehr zur Voraussetzung für die Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben. Nicht alle Menschen können
jedoch mit den teils rasanten Entwicklungen Schritt halten. Noch immer ist gut jeder Achte in Deutschland „Offliner“. Gerade Älteren oder Menschen mit geringerer Bildung
fehlen häufig die notwendigen Fertigkeiten. Sprachbarrieren, geringe Medienkompetenz oder mangelnde Barrierefreiheit bilden teils weitere Hürden für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Die Politik muss daher auch diese Verbraucher:innen im Blick behalten und, wo immer möglich, ihre digitale Teilhabe fördern. Für Verbrauchergruppen, denen trotz unterstützender Maßnahmen digitale Zugangswege verwehrt bleiben, muss sichergestellt werden, dass wichtige Dienstleistungen auch analog zugänglich bleiben.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert die nächste Landesregierung auf ...

  • flächendeckend zielgruppenspezifische und niedrigschwellige Bildungsprogramme für alle anzubieten, die mehr am digitalen Leben teilhaben möchten.
  • die Barrierefreiheit von Webseiten oder digitalen Tools der öffentlichen Hand zu erhöhen, u. a. durch Bereitstellung von Texten und Erläuterungen in leichter Sprache und – wo sinnvoll – auch in Fremdsprachen.
  • sicherzustellen, dass öffentlich finanzierte Dienstleistungen und Leistungen der Daseinsvorsorge auf absehbare Zeit auch analog zugänglich bleiben.