Engagement to go - Der Podcast für Engagierte im Ernährungsbereich

Kopfhörer aus Obst-Illustrationen, darüber der Schriftzug "Engagement to go", darunter der Schriftzug "Ein Podcast der Verbraucherzentrale NRW"
Engagement to go - Der Podcast für Engagierte im Ernährungsbereich
Engagiert in einem Verein, einer Initiative oder einer Hochschulgruppe mit dem Fokus Lebensmittel und Ernährung – und zu wenig Zeit für alles? Genau hier setzt Engagement to go – der Podcast für Engagierte im Ernährungsbereich an!

Engagiert in einem Verein, einer Initiative oder einer Hochschulgruppe mit dem Fokus Lebensmittel und Ernährung – und zu wenig Zeit für alles? Genau hier setzt Engagement to go – der Podcast für Engagierte im Ernährungsbereich an! In 15 Minuten liefern Marina und Isabel vom Wertvoll-Team euch gemeinsam mit Engagierten und Expert:innen praxiserprobte Tipps und Methoden, die euch bei typischen Herausforderungen in eurer ehrenamtlichen Arbeit wirklich weiterhelfen – schnell, verständlich und leicht umsetzbar. Ob Mitgliedergewinnung, Zielgruppenansprache, rechtliche Fragen – wir geben euch konkrete Hilfestellungen, damit euer Engagement langfristig wirkt, ohne euch zu überlasten. Dabei zeigen wir euch Best Practices, die auch auf andere Initiativen übertragbar sind.

Den Podcast gibt es hier auf der Website zu hören, bei Spotify oder Apple Podcasts.

#3 Zugang schaffen: So erreicht ihr unbekannte Zielgruppen

Willkommen zu „Engagement to go“, deinem Podcast für Engagement im Bereich Ernährung! In unserer dritten Folge beschäftigen wir uns wieder mit Zielgruppen – aber mit solchen, die bislang noch keinen Zugang zu euren Angeboten haben. Was sind mögliche Wege, auch Menschen, die sonst vielleicht gesellschaftlich benachteiligt werden, zu erreichen und sie einzubeziehen? Wieso es so wichtig ist, die eigene Rolle zu hinterfragen und mehr zuzuhören als aktiv zu handeln – das und mehr erklärt euch unsere Expertin Amélie von der Verbraucherzentrale NRW.

Hier entlang zur More in Common-Studie „Übers Klima reden“ auf klimafakten.de Wenn ihr mehr zum Projekt „Übers Klima sprechen im Quartier“ wissen wollt, findet ihr hier den Projektbericht.

#3 gibt's hier zum Nachlesen

Amélie:
[0:00] Und dann kann ich zum Beispiel auch bei der Veranstaltungsplanung darauf eingehen, okay, brauche ich Übersetzer:innen? Sollte ich vielleicht in leichter Sprache sprechen? Ist es wichtig, dass mein Raum barrierefrei ist? Oder gibt es noch andere Stellschrauben, die ich drehen kann, damit Menschen kommen?

Marina:
[0:14] Intro-Musik. Engagement to go, ein Podcast der Verbraucherzentrale NRW.

Marina:
[0:34] Hi und willkommen zu Engagement to go, deinem Podcast für Engagement im Bereich Ernährung. Ich bin Marina und heute geht es bei uns um unbekannte oder schwer zu erreichende Zielgruppen. Also Menschen, die bisher noch keinen Zugang zu deinem Angebot hatten, die du aber gerne erreichen möchtest. Ich spreche dazu heute mit Amélie. Amélie hat das Projekt "Übers Klima sprechen im Quartier" bei der Verbraucherzentrale NRW als wissenschaftliche Mitarbeiterin umgesetzt und ist in diesem Zuge auch über das Thema Ernährung mit vielen Bewohner:innen aus Tannenbusch, einem Stadtteil in Bonn, in Berührung gekommen. Das Projekt lief von November 2023 bis November 2024 und wurde von der Stiftung Mercator gefördert. Hi Amélie.

Amélie:
[1:12] Hi Marina.

Marina:
[1:14] Kannst du einmal kurz erklären, was das Ziel eures Projekts war?

Amélie:
[1:17] Sehr gerne. Ja, also wir haben im Projekt Übers Klima sprechen im Quartierausprobiert, wie man mit Menschen zum Thema Klima ins Gespräch kommen kann, die bisher nicht im Klimadiskurs eingebunden sind und haben uns dafür an Studien und Handreichungen orientiert, die wie unser Projekt auch von der Stiftung Mercator gefördert wurden. Und daraus haben wir zum Beispiel schon die Erkenntnis ziehen können, dass es ein Drittel gibt in der deutschen Gesellschaft, was ja bisher überhaupt nicht eingebunden ist und dessen Stimmen auch nicht wahrnehmbar sind im Klimadiskurs. Und das sind vor allem Menschen, die insgesamt politisch und sozial nicht gut eingebunden sind. Man nennt die die Pragmatischen und die Enttäuschten. Also das ist so eine Segmentierung der Gesellschaft, die aufgrund von Werten und moralischen Einstellungen auch gegenüber der Gesellschaft gemacht wurde. Und wir haben versucht, uns diesem unsichtbaren Drittel, also den Menschen, die auch vielleicht von Gesellschaft ziemlich enttäuscht sind, die sich ja aus Diskursen und Debatten eher fernhalten, anzunähern und mit denen ins Gespräch zu kommen.

Marina:
[2:30] Genau und dafür seid ihr halt in diesen Stadtteil gegangen. Vielleicht erklärst du einmal noch kurz, warum das so besonders ist.

Amélie:
[2:37] Ja, also wir sind ja nach Bonn-Tannenbusch gegangen. Das ist ein Quartier in Bonn, was von allen Bonner Bezirken den geringsten Teilhabeindex hat. Das heißt, die Menschen da erfahren wirklich hohe Hürden, an gesellschaftlichem Leben teilzuhaben. Der Anteil der Haushalte, die Sozialleistung beziehen, ist auch überdurchschnittlich hoch. Und auch städtebaulich gilt der Stadtteil als benachteiligt. Im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms Soziale Stadt wurde da zwar schon einiges verbessert, aber wir hatten es de facto halt schon mit Menschen zu tun, die verschiedene Erfahrungen von Benachteiligung gemacht haben.

Marina:
[3:13] Alles klar. Und du hast uns heute auch ein paar Tipps mitgebracht. Was wäre denn dein erster Tipp, um eher schwierigere Zielgruppen zu erreichen?

Amélie:
[3:21] Also der erste Tipp ist zu versuchen, wirklich auf Augenhöhe in einen Dialog zu gehen. Also wirklich versuchen nicht sofort die Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu aktivieren, sondern sie erstmal kennenzulernen, ihre Perspektiven kennenzulernen, vielleicht auch gemeinsam Probleme zu definieren und auch die in der Zielgruppe vorhandenen Potenziale zu stärken. Und das ist halt wirklich vor allem wichtig bei Menschen, die sich sowieso schon benachteiligt fühlen oder die auch das Gefühl haben, nicht mitreden zu können, während andere Zielgruppen durchaus offen sein können für Aktivierungen in Bezug auf das eigene Konsumverhalten. Und ja, das steht zum Beispiel auch in der Handreichung drin "Übers Klima reden" von More in Common Climate Outreach und Klimafakten, was halt wirklich eine ganz gute Orientierung ist, wenn man sich noch nicht so ganz bewusst darüber ist, wen man eigentlich ansprechen möchte und welche Werte diese Menschen vertreten.

Marina:
[4:21] Genau, diese Handreichung ist auf jeden Fall super gut dafür. Die werden wir euch in den Shownotes verlinken. Wo habt ihr diesen Tipp denn in eurem Projekt angewendet?

Amélie:
[4:30] Wir haben uns am Anfang darauf geeinigt, dass wir die Teilnehmenden unseres Projekts nicht zu klimaschonenderem Verhalten aktivieren oder bewegen wollen, sondern dass wir ihre Perspektiven auf Maßnahmen zum Klimaschutz und die Klimakrise kennenlernen wollen und ihre Meinungen einholen wollen. Und wir haben uns dazu auch selber als Lernende verstanden und um das dann auch zu erreichen, also diese Gespräche führen zu können, haben wir Streitgespräche vermieden und wir haben auch vermieden, so Appelle auszusprechen auf ein bestimmtes Verhalten oder so, haben uns auf empathisches Fragen und Zuhören fokussiert und haben dann im Prozess auch schnell festgestellt, dass es sehr wichtig war, Gespräche über andere Themen zuzulassen. Also wir wollten zwar über das Klima mit den Menschen sprechen, aber es ist halt schon passiert, dass dann jemand auf einmal von seiner Einsamkeit gesprochen hat und man erst mal gar nicht wusste, oh Gott, wie komme ich jetzt wieder zurück zu unserem Thema, aber man muss das wirklich zulassen, dass dann auch andere Themen aufkommen, damit die Menschen sich auch gesehen fühlen, gehört fühlen, weil das ist ja genau das, was unsere Zielgruppe eben nicht hat, dieses Gefühl gehört zu werden.

Marina:
[5:43] Voll. Ich glaube, das ist total wichtig, sich da auf die Gespräche einzulassen und da auch richtig reinzugehen, egal ob es dann auch manchmal um andere Dinge geht. Warum denkst du denn, dass der Tipp so gut wirkt?

Amélie:
[5:54] Also wenn ich da nochmal einen größeren Bogen spanne, dann ist es ja so, dass viele Menschen mittlerweile die multiplen Krisen unserer Zeit spüren in ihrem Alltag und auch merken, dass ihr individuelles Verhalten diese Krisen nicht allein lösen kann. Und gerade beim Thema Klimaschutz haben wir auch im Projekt gemerkt, gibt es einige Leute, die da Abneigung gegen haben. Wir haben zum Beispiel mal mit einem Aktionsstand auch rumprobiert, standen da in Tannenbusch am Einkaufszentrum und hatten so ein Schild dabei, wo drauf stand, sprecht mit uns über Klimaschutz. Also eigentlich sehr offen. Aber allein das Wort Klimaschutz hat halt viele Leute abgeschreckt. Und das ist natürlich zum einen eine Folge von Agitationen verschiedener Akteure gegen Klimagerechtigkeit und Klimaschutzmaßnahmen. Aber man muss auch sagen, die bisherige Klimapolitik hatte ja eine soziale Schieflage und das merken die Leute. Und die Leute jetzt in benachteiligten Quartieren beispielsweise tragen ja auch viel weniger zur Klimakrise bei. Warum sollten die sich dann mit Klimaschutz beschäftigen, wenn sie gar nicht wirklich für die Klimakrise so sehr verantwortlich sind und eigentlich viel mehr damit beschäftigt sind, überhaupt erstmal Zugang zu Ressourcen zu erhalten und an gesellschaftlichem Leben teilzuhaben und so weiter?

Marina:
[7:14] Du hast auch noch ein konkretes Beispiel aus dem Ernährungsbereich mitgebracht, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

Amélie:
[7:20] Genau. Und zwar hatten wir vor allem in einer Gruppe gemerkt, dass es Argumente gibt, die wir so im deutschen Klimadiskurs schon kennen. Also zum Beispiel viel Fleisch essen ist eher nicht so gut fürs Klima und eigentlich sollte man vielleicht sich eher pflanzenbasiert ernähren. Aber dass dieses Argument für Menschen, die nicht denselben Erfahrungshintergrund teilen, also nicht einen westlich-industrialisierten Erfahrungshintergrund haben, dass für die so ein Argument mitunter schwer nachvollziehbar sein kann. Und was wir daraus gelernt haben, ist halt, dass man sich echt auch bewusst machen sollte, was habe ich eigentlich für einen Erfahrungshintergrund, also wie spreche ich auch zum Beispiel über das Thema Ernährung, und welches Wissen, was ich habe, haben vielleicht auch andere nicht, also welches Erfahrungswissen, weil zum Beispiel die Fleischproduktion in Deutschland ist ja ganz anders strukturiert als die Fleischproduktion in anderen Ländern beispielsweise. Und dann ist es ja logisch, dass nicht jeder direkt nachvollziehen kann, warum jetzt Fleischessen in Deutschland problematischer ist als zum Beispiel in einem anderen Kontext oder in einer anderen Region der Welt.

Marina:
[8:36] Ja voll, ich glaube, da muss man einfach auch mal ein bisschen aus seiner eigenen Perspektive raus und mal ein bisschen anders denken. Hast du noch einen zweiten Tipp für uns mitgebracht?

Amélie:
[8:45] Ja, und zwar, das knüpft so ein bisschen daran an. Also wenn ich mich entschieden habe, wer meine Zielgruppe sein soll, dann würde ich mich auf jeden Fall ausgiebig mit dieser Gruppe beschäftigen, aber natürlich auch mit mir selber. Also die eigene Positionierung in der Gesellschaft reflektieren, vielleicht auch eigene Vorurteile gegenüber der Zielgruppe reflektieren und dafür helfen auch Trainings zu Diskriminierungssensibilität. Und da lernt man dann eben auch, wie man sich begegnen kann, wie man vorurteilsbewusst rangehen kann und das hilft letztendlich wirklich auch so gesellschaftliche Distanzen zwischen einem selbst und der Zielgruppe abzubauen.

Marina:
[9:27] Und wie habt ihr das in eurem Projekt umgesetzt?

Amélie:
[9:31] Also zunächst haben wir uns über die erwähnten Studien an die Zielgruppe angenähert. Das ist ja aber wirklich eher eine sozialwissenschaftliche Brille. Und dann haben wir uns über Bonn und Tannenbusch informiert, also über das Quartier. Wir haben auch unsere Kolleginnen befragt. Wir haben ja auch eine Beratungsstelle in Bonn und die gehen auch schon nach Bonn und Tarnbusch mit aufsuchenden Beratungsangeboten. Das heißt, da gab es auch schon viel Wissen über die Menschen in Tannenbusch. Und dann sind wir auch ins Quartier natürlich gefahren und haben zum Beispiel auch mit dem Quartiersmanagement gesprochen und haben dann eben angefangen, vor Ort dann mit den Menschen in Kontakt zu gehen und Beziehungen aufzubauen. Und wir haben auch ein Training besucht vor Ort, also ein Training zu vorurteilsbewusstem Arbeiten.

Marina:
[10:23] Ja, auf jeden Fall viel, also sehr engagiert an die Sache rangegangen. Warum denkst du, dass das so gut funktioniert hat?

Amélie:
[10:31] Also erstens glaube ich, dass Menschen wirklich merken, ob man sich für sie interessiert und ob man ihnen offen begegnet. Und dann ist es auch natürlich für mich oder für mein Angebot, was ich rüberbringen will, ja auch ein Vorteil, wenn ich die Zielgruppe gut kenne. Wenn ich weiß, was die Erfahrungen der Menschen sind, was ihre Bedürfnisse sind, wie ihre Lebenssituation aussieht. Und dann kann ich zum Beispiel auch bei der Veranstaltungsplanung darauf eingehen, okay, brauche ich Übersetzer:innen? Sollte ich vielleicht in leichter Sprache sprechen? Ist es wichtig, dass mein Raum barrierefrei ist? Oder gibt es noch andere Stellschrauben, die ich drehen kann, damit Menschen kommen? Zum Beispiel eine Kinderbetreuung oder Snacks und Getränke bereitstellen. Oder gibt es irgendwie Feiertage, die ich nicht auf dem Schirm habe, oder? Wir mussten zum Beispiel auf den Ramadan achten und haben im Training auch gelernt, dass es zum Beispiel Gebetszeiten gibt, die man im Kopf haben könnte, um den Menschen die Teilnahme zu erleichtern.

Marina:
[11:34] Ja, voll die wichtigen Dinge, über die man sich auf jeden Fall Gedanken machen sollte. Du hast es eben schon mal ein bisschen angesprochen, dass ihr auch mit der Beratungsstelle in Bonn zusammengearbeitet habt. Hast du noch einen Tipp in Richtung Zusammenarbeit?

Amélie:
[11:47] Ja, und zwar möglichst mit der Zielgruppe zusammenzuarbeiten. Also am besten nicht mit einem schon fertigen Angebot von außen kommen, weil die Leute kennen einen ja noch gar nicht. Und dann kommt da auf einmal irgendwie jemand Fremdes und will einem was unterbreiten und man weiß gar nicht, ist das jetzt hilfreich für mich. Und deswegen haben wir nach geeigneten Multiplikator:innen gesucht, die schon das Vertrauen auch von Menschen im Quartier genießen, die halt für die ja auch schon Gruppen und Begegnungsangebote organisieren oder mit ihnen zusammen halt auch das Quartier gestalten, das Leben im Quartier gestalten. Und das ist auf jeden Fall auch ein sehr guter Tipp, glaube ich, dass man sich Leute sucht, die schon vor Ort sind, die schon das Quartier kennen und dann eben mit denen zusammenzuarbeiten.

Marina:
[12:42] Alles klar, auf jeden Fall guter Tipp. Warum denkst du, dass der so gut wirkt?

Amélie:
[12:48] Ja, also vielleicht so ein bisschen salopp gesagt, manchmal ist man selber gar nicht unbedingt die richtige Person, um etwas zu vermitteln oder um Menschen anzusprechen. Und deswegen, ja, eigentlich haben ja auch die meisten Interesse daran, sich diverser aufzustellen und Leute zu interessieren oder damit, also dass Leute vielleicht auch mitmachen, die bisher noch nicht so vertreten sind. Und es hilft halt wirklich, das ist unsere Erfahrung im Projekt, sich Menschen zu suchen, mit denen sich dann auch die Zielgruppen besser identifizieren können oder denen sie halt auch bereits vertrauen. Und ein weiterer Vorteil des Multiplikatorenansatzes ist es auch, dass die Multiplikatoren ja die Zielgruppen auch besser kennen und dann auch besser beurteilen können, ob das Angebot was Gutes vor Ort beiträgt. Und weil leider gibt es auch oft so paternalistische, gut gemeinte Angebote, die dann aber vor Ort eigentlich nichts bewirken können.

Marina:
[13:47] Voll, auf jeden Fall. Und man möchte ja, dass die Sachen, die man vermittelt, auch wirklich bei den Leuten ankommen. Also ich fasse nochmal kurz die Tipps von heute ganz kurz zusammen. Also erstens einen Dialog auf Augenhöhe führen, die Perspektive der Menschen kennenlernen, auch mal aus der eigenen Perspektive rausgehen. Dann zweitens sich nochmal genauer mit der Zielgruppe beschäftigen, die eigenen Vorurteile reflektieren und sich auch dazu weiterbilden, vielleicht auch mit Kursen oder mit externer Unterstützung. Und als dritten Tipp, was wir gerade gehört haben, Kooperationen mit geeigneten Multiplikator:innen eingehen, die vielleicht schon einen viel besseren Zugang zur Zielgruppe haben als man selbst. Ja, dann an dieser Stelle danke, Amélie, dass du heute bei uns warst.

Amélie:
[14:34] Danke dir.

Marina:
[14:38] Dann von mir nochmal kurz die Frage an euch. Wie sieht das bei euch aus? Hattet ihr schon mal den Fall, dass ihr eine unbekannte oder eher schwieriger zu erreichende Zielgruppe erreichen wolltet? Und was habt ihr euch da für Gedanken gemacht? Was habt ihr da vielleicht gelernt? Wo fangt ihr am besten an? Wir sind sehr gespannt darauf, von euch zu hören. Ihr könnt uns gerne ein E-Mail schreiben an wertvoll@verbraucherzentrale.nrw oder auch hier einfach einen Kommentar hinterlassen. Und ja, danke, dass ihr zugehört habt und bis zur nächsten Folge.

Marina:
[15:10] Outro-Musik. Das Projekt Wertvoll NRW wird gefördert vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein Westfalen.

#2 Botschaften formulieren

Moin und hallo zu „Engagement to go“! In unserer zweiten Folge widmen wir uns eurer Botschaft – also das, woran sich Menschen am ehesten erinnern werden, nachdem sie mit eurem Projekt in Kontakt gekommen sind. Umso wichtiger ist es, eine klare Botschaft zu formulieren, mit der ihr zeigt, was euer Projekt wirklich ausmacht und das euren Zielgruppen klar und einfach erklärt. Das ist nicht immer so einfach! Unser Experte Luca vom Projekt MehrWertRevier der Verbraucherzentrale NRW gibt euch auch in dieser Folge wieder drei Tipps mit an die Hand, wie ihr eurer Botschaft auf die Spur kommen könnt – und was ihr macht, wenn ihr sie gefunden habt.

Zur Erklärung des Design Thinking-Prozesses geht es hier entlang.
Guckt auch unbedingt in die Shownotes unserer ersten Folge für mehr Tipps, wie ihr zielgruppengerechte Botschaften formulieren könnt.

#2 gibt's hier zum Nachlesen

Luca:
[0:00] Es macht immer Sinn, seine Zielgruppe so eng wie möglich zu fassen. Das haben wir da schon besprochen. Und auch da sollte die Botschaft darauf abgestimmt sein. Das heißt, wenn ich eine Botschaft formuliere, sollte ich die in einer Sprache formulieren, die auch die Zielgruppe anspricht.

Intro:
[0:15] Intro-Musik. Engagement to go, ein Podcast Der Verbraucherzentrale NRW.

Isabel:
[0:35] Ja, moin und willkommen zu Engagement to go, deinem Podcast für Engagement im Bereich Ernährung. Und heute in unserer zweiten Folge, unserer kleinen Reihe, geht es um Botschaften. Und da mag jetzt die oder der ein oder andere denken, klingt jetzt schon wieder ziemlich basic. Was möchten die eigentlich? Und es ist ziemlich basic. Es ist quasi das Fundament eurer Arbeit und das, woran sich die Menschen erinnern, wenn sie mit euch oder eurem Projekt in Berührung gekommen sind. Und ihr kennt Botschaften vielleicht auch in der Form von Slogans aus der Werbung. Für unsere Kampagne beispielsweise im Projekt Wertvoll lautet der "Unsere Lebensmittel, da steckt viel drin". Der ist sehr kurz und das ist auch ganz bewusst so gewählt. Und da werden wir auch gleich erfahren, warum. Es gibt auch noch ganz viele berühmte Beispiele, da fallen euch mit Sicherheit auch noch ganz viele ein. In Texas gibt es zum Beispiel "Don't Mess With Texas". Das ist ein Slogan vom texanischen Verkehrsministerium. Und das hat richtig super funktioniert, um den Müll auf den Straßen in den Griff zu bekommen, wofür er auch designt war. Und damit möchte ich sagen, eine gute Botschaft kann Verhalten ändern. Muss nicht immer ein Slogan sein, aber warum klare Botschaften so nützlich sind und wie die vielleicht auch aussehen sollten, das kann der Luca viel besser erklären als ich. Hi Luca.

Luca:
[1:55] Hallo.

Isabel:
[1:55] Möchtest du dich auch nochmal kurz vorstellen, wer du bist?

Luca:
[1:58] Ja, mein Name ist Luca Kohlmetz. Ich arbeite hier für die Verbraucherzentrale NRW im Projekt Mehrwert Revier und bin dort wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Engagement für Nachhaltigkeit. Und in diesem Bereich unterstütze ich Initiativen im Rheinischen Revier, die sich für nachhaltigen Konsum einsetzen möchten. Und dazu gehört auch, die Zielgruppe zu finden, was wir in der ersten Folge besprochen haben, oder die eigene Botschaft sich klarzumachen, was wir heute besprechen werden.

Isabel:
[2:24] Ja, und was wäre dann das Erste, was du jemandem in Bezug aufs Botschaften formulieren raten würdest?

Luca:
[2:30] Also wie du schon gesagt hast, Botschaften sind extrem wichtig. Nicht ohne Grund benutzt mandas auch in der Werbung als einer der Hauptbausteine, um irgendwie Leute zu erreichen. Viel Geld fließt in die Slogans von Unternehmen und auch wir und auch ihr als Engagierte solltet euch klar machen, was ist meine Botschaft. Und da wären wir schon beim ersten Tipp, den ich geben würde. Klingt wieder sehr basic, aber in Initiativen und beim Engagement sind oft viele Menschen, die zusammenkommen, die auch vielleicht nur das Engagement gemeinsam haben und sich auf eine Sache einigen müssen. Das heißt, macht euch eure Botschaft erstmal selbst klar. Werdet in der Gruppe klar, was wollen wir, wenn ihr euch engagiert für Sachen. Gerade wenn man intrinsisch motiviert ist, überschneiden sich die Themen auch oft, die man machen möchte. Macht euch klar, was wollt ihr erreichen. Dafür könnt ihr auch besondere Methoden benutzen, wie zum Beispiel die Design Thinking Methode. Das ist eine Methode, die eigentlich aus der Produktdesignentwicklung kommt und wo es in sechs Schritten quasi darum geht, einen Gedankenprozess neu durchzudenken. Das heißt, wenn man sich zum Beispiel in der Diskussion verliert und immer wieder die gleichen Argumente bringt, hilft dieser Prozess, um angeleitet neue Denkmuster aufzugehen und alte Denkmuster aufzubrechen. Das kann ich sehr empfehlen, wenn man sich quasi um einen Kompromiss bemühen muss. Und das sollte man machen, wenn man seine eigene Botschaft prägnant finden möchte erstmal.

Isabel:
[4:09] Absolut. Also da muss man ja auch immer so ein bisschen unterscheiden. Es gibt ja, also auch in der Initiative, in einem Verein, machen Menschen ja häufig auch aus verschiedenen Motivationen mit. Aber ganz wichtig ist eben, dass man sich am Ende einmal vielleicht zusammensetzt und guckt, wie kriegen wir denn diese ganzen Motivationen vielleicht auch in diese Botschaft reingegossen, sodass es für die Leute nicht verwirrend wird, wenn man dann damit, ja ich sag mal, auf die Straße geht. Und genau so ein Design-Thinking-Prozess kann halt richtig gut dabei helfen. Also danke dafür. Hast du vielleicht noch einen Tipp für die Leute?

Luca:
[4:40] Genau, also es würde direkt daran anschließen. Der zweite Tipp ist, die Botschaft darf nicht zu lang sein. Kurz und knapp, prägnant formulieren. Und das ist eigentlich, auch wieder geht das in die gleiche Richtung. Wir wollen so viel aussagen, weil uns als Initiative, uns als Engagierte macht ja auch so viel aus und wir wollen so viel erreichen. Aber wir müssen es irgendwie versuchen zusammenzufassen. Denn wenn die Botschaft drei Zeilen lang ist und keiner mehr weiß, wie der Anfang war, wenn man am Ende ist, macht es auch keinen Sinn. Wir wollen ja im Kopf bleiben und die Leute erreichen. Deswegen versuchen wir die wichtigsten Sachen zu sammeln, die uns ausmachen und mit mehreren Vorschlägenzu gucken, wie können wir die Botschaft in einem Satz formulieren, der kurz und knapp ist. Vielleicht mit einem Wort am Anfang als Überschrift und einem Doppelpunkt oderBindestrich und einem kurzen Satz. Und da macht es auch Sinn, nicht nur das als Stichworte zu machen, sondern wirklich einen Satz auszuformulieren. Das hilft auch für das Einigkeitsgefühl der Gruppe, dass wir quasi alle die gleiche Botschaft formulieren können, ganz genau.

Isabel:
[5:41] Kannst du vielleicht noch irgendwie darauf eingehen, also wenn ich jetzt eine Botschaft habe, gilt die für alle?

Luca:
[5:46] Genau, also hier ist die wichtige Frage, wen möchten wir überhaupt erreichen? Dazu kann ich empfehlen, die letzte Folge von unserem Podcast anzuhören, die Folge 1 zum Thema Zielgruppenanalyse. Da gehen wir nochmal genau darauf an, wen möchte ich erreichen? Und es macht immer Sinn, seine Zielgruppe so eng wie möglich zu fassen, das haben wir da schon besprochen. Und auch da sollte die Botschaft darauf abgestimmt sein. Das heißt, wenn ich eine Botschaft formuliere, sollte ich die in einer Sprache formulieren, die auch die Zielgruppe anspricht. Zum Beispiel, wenn meine Zielgruppe Kinder und Jugendliche wären, in Schulen zum Beispiel, und ich in der Botschaft die Leute siezen würde, dann würde das irgendwie an der Zielgruppe vorbeigehen. Also die würden nicht erreicht werden damit. Oder gleichzeitig, wenn ich irgendwie das Jugendwort des Jahres in meiner Botschaft benutze, aber Senior:innen anspreche. Also es würde auch nicht so gut funktionieren. Das heißt, wir müssen gucken, das sind jetzt zwei überspitzte Beispiele, Aber man kann ja auch gucken auf andere Arten und Weisen, wie formuliere ich mit der Vielfalt der Möglichkeiten meine Botschaft so, dass sie auch wirklich hängen bleibt und verhaftet bei der Gruppe, für die sie gedacht ist.

Isabel:
[6:58] Absolut. Und auch da, also gerade dieses Thema, die Sprache sprechen, da geht es ja jetzt nicht nur um, ich sage mal, Deutsch, Englisch, was auch immer, sondern auch, wenn ich mit vielen Fremdwörtern zu tun habe, wenn ich vielleicht aus einem eher wissenschaftlichen Bereich komme, dass ich da aufpasse, dass in meinen Botschaften vielleicht nicht so viel Fachjargon irgendwie enthalten ist. Jetzt haben wir eben auch noch mal kurz über die Zielgruppenanalyse gesprochen. Wie gesagt, auch das Wort Zielgruppenanalyse ist schon so ein Wort, wo man sich vielleicht denkt, oh Gott, das ist jetzt aber auch wieder hier sehr technisch. Also auch da wieder so ein bisschen aufpassen, wie rede ich denn? Und wenn ich jetzt zum Beispiel Menschen aus meiner Altersgruppe vielleicht auch... Aus meiner Uni oder aus meinem Ausbildungsjahrgang, aus meiner Arbeit anspreche, wie spreche ich sonst mit denen und dann vielleicht auch nicht unbedingt so weit von diesem eigentlichen Sprech abweichen, weil sonst bin ich wieder irgendwo daneben gelandet.

Luca:
[8:00] Ganz genau. Also ich könnte ja zu jemandem sagen, dem ich die Zielgruppenanalyse beibringen möchte oder der, verbessere deine Zielgruppenanalyse und gehe wissenschaftlich fundiert damit um oder ich sage, wie finde ich andere Mitstreiter:innen oder wie erreiche ich Menschen. Also auch in Fragen formulieren, das hilft oft, kurz und knapp das zu machen und zu gucken, dass man wirklich die Vorkenntnisse der Zielgruppe richtig einschätzt und nicht über, aber auch nicht unterschätzt. Das heißt, so anspricht, wie man auch selber angesprochen werden möchte, dass man abgeholt wird, sich in die Zielgruppe hineinversetzt und schaut, dass die Botschaft einen am besten auch selber mitreißen würde. Praktischer Tipp dafür noch, ist einfach auch im Freunden- und Bekanntenkreis rumzufragen. Also auch bei Leuten, die nicht im Engagement sind, sagen, hey, wie fändet ihr diese Slogan, wie fändet ihr diese Botschaften, versteht ihr die? Weil oft hat man auch so eine Scheuklappe an und sieht dann zum Beispiel Wörter, die für mich jetzt verständlich sind, aber die andere ganz anders sehen oder die negativ konnotieren zum Beispiel. Das heißt, da macht eine kleine Mini-Umfrage Sinn, um wirklich auch zu gucken, dass das, was ich auch mache, also aussende auch wirklich aufgenommen wird.

Isabel:
[9:11] Ja, danke schön. Ich versuche das nochmal ganz kurz zusammenzufassen, was du jetzt gesagt hast. Also deine drei Tipps. Erstmal selbst klar haben, was will ich überhaupt sagen? Was möchte ich meinen Mitmenschen mitgeben und sich da auch selbst nochmal irgendwie mit der Gruppe hinzusetzen und mit einer Sprache zu sprechen, beziehungsweise auch mit einem Mund möchte ich schon was sagen. Weil wir haben alle unterschiedliche Motivationen im Engagement und ja, da muss man einfach gucken, wie man das unter einen Hut bringt, um dann nach außen hin, ja, sehr, dein zweiter Tipp, prägnant mit, ja, die Botschaft zu formulieren. Wie kann ich das so formulieren, dass das auch hängen bleibt? Und da sind wir auch direkt wieder bei der Zielgruppe, dass wir eben auch in unseren Botschaften die Sprache der Zielgruppen sprechen. Also nicht zu technisch, vielleicht für Senior:innen nicht zwingend was auf Englisch, wenn man sonst immer Deutsch mit den Menschen spricht. Und auch einfach guckt, dass das, was man sagt, sich nicht völlig fremd für diese Zielgruppe anhört, sondern aus dem Alltag rausgegriffen ist. Und dazu kann man gegebenenfalls auch eben eine Umfrage machen, wie du es vorgeschlagen hast. Ja, danke Luca an dieser Stelle.

Luca:
[10:32] Vielen Dank.

Isabel:
[10:37] Ja, wir haben jetzt ganz viel gehört zum Thema Botschaften und auch Slogans. Und auch da interessiert uns natürlich, wie das bei euch aussieht. Was ist eure Botschaft im Engagement? Habt ihr euch da auch selbst drauf geeinigt? Also war das bei euch auch ein Prozess, den ihr vielleicht sogar mit Design Thinking angestoßen oder moderiert habt? Zum Design Thinking findet ihr auf jeden Fall auch noch in unseren Shownotes Links und weitere Hilfestellungen und ihr könnt euch auch immer an uns wenden. Also schreibt uns gerne eine E-Mail, einen Kommentar mit Fragen oder wenn ihr euch Unterstützung wünscht. Und wenn euch das, was ihr gehört habt, gefallen hat, dann freuen wir uns natürlich auch total über eine gute Bewertung hier und hört gerne auch nochmal in unsere erste Folge rein zum Thema Zielgruppen. Da findet ihr auch noch mehr Tipps auf dem, das, was wir heute gehört haben, aufbaut. Und ansonsten bleibt mir nur zu sagen, bis zum nächsten Mal. Da geht es dann um das Thema unbekannte Zielgruppen erreichen. Bis dahin.

Outro:
[11:41] Outro-Musik. Das Projekt Wertvoll NRW wird gefördert vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

#1 Zielgruppen erreichen

Willkommen zum neuen Podcast „Engagement to go“! In unserer ersten Folge tauchen wir direkt in das Fundament jeder wirksamen Kommunikation ein: die Zielgruppenanalyse.
Fragt ihr euch, wie eure Inhalte wirklich ankommen und ihr Menschen außerhalb eurer direkten Umgebung erreichen könnt? Luca Kohlmetz von der Verbraucherzentrale NRW, unser Experte für Nachhaltigkeits-Engagement, verrät, warum die Frage "Wen will ich überhaupt erreichen?" der Schlüssel zu allem ist. 
Erfahrt, warum es nicht ausreicht, eure Zielgruppe nur oberflächlich zu definieren, und wie eine tiefergehende Analyse – auch mit Methoden wie der Persona-Methode – euch hilft, die richtigen Menschen auf die richtige Art zu begeistern. Wir sprechen darüber, wie ihr die Lebensrealität eurer Zielgruppe erkennt und warum der direkte Kontakt unverzichtbar ist, um eure Annahmen zu überprüfen und eure Strategie anzupassen. Lasst euch inspirieren, wie ihr eure Zielgruppenarbeit optimiert und warum dieser Prozess fortlaufend sein sollte, um den Kontakt zu eurer Zielgruppe aufrechtzuerhalten. 
Bereit, eure Zielgruppenarbeit wirkungsvoll zu gestalten? Hört rein!

#1 gibt's hier zum Nachlesen

Luca:
[0:00] Ich glaube aber, die Zielgruppenanalyse ist ein extrem wichtiger Schritt, denn sie bildet das Fundament für alles, was danach kommt und sollte deswegen überhaupt nicht vernachlässigt werden, sondern richtig ordentlich durchgeführt werden.

Intro:
[0:11] Intro-Musik

Marina:
[0:24] Engagement to go – ein Podcast der Verbraucherzentrale NRW

Isabel:
[0:31] Ja, moin und willkommen zu Engagement to go, deinem Podcast für Engagement im Bereich Lebensmittel und Ernährung. Und wir haben heute unsere erste Folge und da beschäftigen wir uns direkt mit etwas ganz, ganz Grundlegendem, eurer Botschaft und eurer Zielgruppe. Und das wird eine kleine Reihe werden. Heute geht es nämlich nur erstmal um die Zielgruppen. Und da denkt ihr jetzt vielleicht, na easy, ich stelle mich einfach an einen Infostand und dann wird das alles schon. Und da werden auch mit Sicherheit Leute kommen, aber wenn ihr auch Leute außerhalb eurer Bubble vielleicht mal erreichen möchtet, lohnt es sich, genauer hinzuschauen und Angebote vielleicht auch anzupassen. Und um euch dazu Tipps zu geben, begrüße ich heute Luca bei mir. Hi Luca.

Luca:
[1:13] Hallo.

Isabel:
[1:14] Ja, schön, dass du da bist. Magst du dich vielleicht einmal ganz kurz unseren Zuhörer:innen vorstellen?

Luca:
[1:19] Gerne. Mein Name ist Luca Kohlmetz. Ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter hier in der Verbraucherzentrale NRW im Projekt MehrWertRevier und dort hauptsächlich zuständig für den Bereich Engagement für Nachhaltigkeit. Also wir unterstützen Initiativen im Revier, die sich für nachhaltige Konsumspraktiken einsetzen.

Isabel:
[1:38] Cool, danke dir. In deiner Arbeit hast du ja jetzt wirklich schon mit ganz vielen verschiedenen Initiativen zusammengearbeitet und die haben mit Sicherheit auch alle unterschiedliche Zielgruppen. Hast du da direkt einen ersten guten Tipp für uns, wie man so Zielgruppen ansprechen kann bzw. definieren kann?

Luca:
[1:57] Ja, der erste und wichtigste Tipp meiner Meinung nach ist, dass man die Zielgruppeanalyse nicht unterschätzen sollte. Es ist ein sehr wichtiger Schritt, den man schnell mal überspringt. Also ich habe auch Erfahrungen selber in Initiativen gehabt, bin nicht nur von der theoretischen Seite, sondern habe auch in Initiativen im Vorstand mitgewirkt und praktisch mitgewirkt in mehreren ökologischen Initiativen. Weiß daher, dass es auch man leicht dazu neigt, direkt loslegen zu wollen und diesen Schritt manchmal zu überspringen. Ich glaube aber, die Zielgruppenanalyse ist ein extrem wichtiger Schritt, denn sie bildet das Fundament für alles, was danach kommt und sollte deswegen überhaupt nicht vernachlässigt werden, sondern richtig ordentlich durchgeführt werden.

Isabel:
[2:37] Also nicht einfach direkt an den Infostand stellen und einfach drauf losreden, meinst du?

Luca:
[2:41] Genau, also wenn es sich nicht anders anbietet, dann kann man es natürlich auch machen, aber immer wieder die Zielgruppenanalyse im Hintergrund behalten. Wen will ich überhaupt erreichen? Das ist die wichtigste Frage, weil danach richtet sich da das, was wir machen.

Isabel:
[2:54] Ich wollte gerade sagen, also da werden wir auch in unserer zweiten Folge nochmal drauf eingehen, nämlich diese Botschaft oder dass es vielleicht auch Botschaften sein können, also mehrere. Was wäre da so dein zweiter Tipp? Weil eine Zielgruppenanalyse ist jetzt vielleicht nicht jedem Menschen bekannt. Was würdest du da empfehlen?

Luca:
[3:11] Genau, also das Wichtigste bei einer Zielgruppenanalyse ist, sie auch ordentlich durchzuführen. Das heißt, wenn man sich verschiedene Methoden anguckt, mit denen man eine Zielgruppe analysieren kann, dann lohnt es sich, in die Tiefe zu gehen. Also wenn ich jetzt sage, meine Zielgruppe sind junge Menschen, dann reicht das nicht, sondern es muss noch genauer sein. Oder meine Zielgruppe sind Familien, dann reicht das auch nicht, da muss ich nochmal genauer hinschauen. Es gibt da verschiedene Methoden, zum Beispiel gibt es die Persona-Methode, die immer auch für den Einstieg genutzt wird und auch sehr gut funktioniert. Hierbei werden halt Daten gesammelt und es wird sich eine Musterperson vorgestellt, die quasi eine Modellperson, die auf meine Zielgruppe passen würde oder stellvertretend für sie wäre.

Luca:
[3:56] Hierbei muss man ein bisschen aufpassen, dass man das nicht zu sehr verallgemeinert und nicht zu sehr in Stereotypen abrutscht, weil wir wissen ja, dass wir alle unterschiedlich sind, auch wenn wir einer Gruppe zum Beispiel angehören. Und deswegen macht es Sinn, diese Fragen, die man sich selber stellt, um diese Personen in der Persona-Methode zu beschreiben, möglichst vielfältig zu haben und möglichst groß zu fächern. Was ich dann noch gut finde, ist weiterhin das noch zu erweitern, um soziodemografische Merkmale und Marker, also zu schauen. Es gibt ganz viele Sachen, die man sich fragen kann. Das ist nicht nur, wie alt ist jemand, welches Geschlecht hat die Person, vielleicht welche Interessen, welchen Einkommensstand, welchen Bildungsgrad, aber auch, was sind die Werte der Person? Also wofür steht die Person, was ist ihr wichtig? Oder ja, was sind die Lebensumstände auch? Also es gibt ganz viele verschiedene Fragen, kann man ganz gut online auch finden, also soziodemografische Merkmale und die Persona-Methode, da gibt es viele Steckbriefe. Ich würde dazu tendieren, darauf zu achten, das nicht zu allgemeingültig zu machen. Natürlich, es soll eine kleine Möglichkeit bieten, auch zu verallgemeinern, weil sonst kann man ja diese ganze Gruppe nicht fassen, aber immer gucken, dass man den schmalen Grat behält.

Isabel:
[5:12] Also wir haben uns das im Projekt auch schon überlegt, dass wir das eben ganz am Anfang gemacht haben, als es bei uns darum ging, okay, wie erreichen wir eigentlich die Menschen, die wir erreichen möchten? Sprich, wenn wir jetzt sagen, wir möchten Tipps zum Thema Lebensmittelverluste verringern geben und eine unserer Zielgruppen sind die Studierenden, haben wir uns überlegt, okay, wir haben eine Altersrange bei den Studierenden wahrscheinlich, also möchten wir da die Leute, die so vor allem am Anfang ihres Studiums stehen, erreichen, also Erstsemester, Zweitsemester. Oder wir möchten Leute, die in WGs zum Beispiel wohnen oder in Studierendenwohnheimen erreichen, weil da gibt es dann gemeinschaftliche Wohnformen. Was könnten da für Probleme auftreten? Was sind die Lebensrealitäten von Menschen, die in gemeinschaftlichen Wohnformen leben? Da hat man vielleicht einmal diesen Struggle mit den Mitbewohner:innen. Man hat vielleicht diese schöne Praxis der Küchenhygiene, die dann vielleicht auch nicht unbedingt immer eingehalten wird. Also was ist die Lebensrealität und weswegen werden dann eben Lebensmittel weggeworfen? Und darauf aufbauen kann man dann eben hingehen, okay, was würde diesen Menschen jetzt etwas bringen? Welche Tipps können wir da konkret geben, dass Lebensmittelverluste bei dieser doch relativ eng gefassten Zielgruppe verringert werden? Ist das das, was du meintest?

Luca:
[6:36] Genau, das ist genau das. Man schaut sich die Zielgruppe so gut wie möglich an. Und hierbei sieht man auch ganz gut, dass die genaue Betrachtung der Zielgruppe auch einem dabei helfen kann, die möglichst wirksamen Methoden anzuwenden. Also zum Beispiel Studierende sind ja in einem ganz anderen Lebensabschnitt als jetzt gebildete Familien. Das heißt, die sind noch formbar, auch in dem, was sie möchten, in dem, was sie wollen. Sie sind auch erreichbar und die ganzen alltäglichen Praxen haben sich noch nicht so eingeschlichen und noch nicht so verfestigt. Das heißt, auch da hat man auch eine ganz andere Möglichkeit, auch noch was zu bewirken. Deswegen ist es auch da nochmal sinnvoll, sich zu fragen, wer ist die Zielgruppe und wie kann ich die dann richtig motivieren.

Isabel:
[7:20] Absolut. Und da geht es dann auch nicht nur darum, wie forme ich meine Botschaften, sondern auch das, was du gerade gesagt hast, diese Erreichbarkeit. Wenn ich mich jetzt irgendwie, ich sage mal, von 10 bis 12 Uhr irgendwo hinstelle, auch wenn es dann vielleicht vor einer Mensa ist, werde ich da nicht so viele Studierende erreichen, weil halt super viele noch irgendwo in irgendwelchen Vorlesungen sitzen. Die sind vielleicht gar nicht da, genauso wie wenn ich das von 16 bis 18 Uhr mache. Da könnte ich vielleicht schon ein paar mehr erreichen, aber man muss einfach sehr aufpassen. Also wann mache ich etwas? Wie mache ich etwas? Und was sage ich dabei?

Luca:
[7:57] Genau. Und das würde mich auch direkt zu dem nächsten Tipp weiterbringen, den ich mitgebracht habe. Und zwar ist da die Überlegung, wirklich mit der Zielgruppe auch in Kontakt zu treten. Also nicht nur über eine Gruppe zu denken, weil da macht man immer Fehler. Natürlich ist das die Grundlage, erstmal sich selber Gedanken zu machen, aber dann mit Interviews oder einfach mit Kontakten am Infostand, wo auch immer man ist, auch mit der Zielgruppe wirklich in Kontakt zu kommen und seine eigenen Mutmaßungen entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. Und dann noch feiner an dem Zielgruppenbild zu arbeiten.

Isabel:
[8:33] Und da ist es ja auch voll okay, wenn man dann am Ende erstmal merkt, irgendwas ist hier gerade nicht so richtig gelaufen, vielleicht muss ich nochmal richtig reingehen in das, was ich mir vorher gedacht habe, das, was du gerade gesagt hast, diese Mutmaßungen, die wir vielleicht alle ja auch haben irgendwo, ich möchte es nicht Vorurteile nennen, es sind nicht unbedingt Vorurteile, sondern einfach so, man hat halt so ein Klischee teilweise auch im Kopf. Und das einfach nochmal zu hinterfragen, die Menschen direkt zu fragen, ja, weswegen werft ihr denn jetzt, wenn wir mal bei unserem Beispiel bleiben, weswegen werft ihr Lebensmittel weg? Und wir haben da zum Beispiel auch, wenn wir an Infoständen stehen, haben wir auch noch eine kleine Umfrage dazu. Da gucken wir dann immer so alle Nase lang mal rein und können darauf aufbauend eben unsere Angebote nochmal feinjustieren und gucken, okay, wie können wir die Ergebnisse, die wir daraus gewonnen haben, ummünzen auf Maßnahmen, vielleicht nochmal irgendwo gucken, ist ein Infostand wirklich das richtige Mittel der Wahl oder sollte ich vielleicht einen Workshop anbieten? Wo sind vielleicht auch Themen, die wir noch gar nicht bespielen und da vielleicht auch nochmal in die Recherche reingehen? Ja, und also Fragen ist immer besser, als sich das direkt selbst zu beantworten.

Luca:
[9:46] Genau, und dazu kommt auch noch, dass die Interessen der Zielgruppen und die Gestaltung der Zielgruppen sich auch ändern. Also wir haben das ja alle jetzt auch in den letzten Jahren stark gemerkt, die Interessen oder die Schwerpunkte, die einen im Alltag beschäftigen, sind andere geworden. Und so macht es Sinn, auch diese Zielgruppenanalyse in einem Kreis zu machen und immer wieder zurückzukommen nach Ausprobieren. Nach Anwenden dessen, was man machen möchte, auch zu schauen, hat das geklappt? Was hat daran nicht geklappt? Hat die Zielgruppe sich vielleicht verändert? Ist mittlerweile eine nächste Generation gekommen. Also, dass man immer wieder up to date mit der Zielgruppe bleibt.

Isabel:
[10:22] Absolut. Also Zielgruppenanalyse ist im Prinzip ein fortlaufender Prozess. Also etwas, was ich nicht einmal abschließe und dann sage, ja, toll, habe ich jetzt gemacht, also bin ich jetzt super gewappnet für alles, was jetzt kommt. Sondern das immer mal regelmäßig zu machen, immer mal wieder drauf zu gucken und zu sehen, ist das eigentlich noch aktuell, was ich da gerade mache? Kommt das noch an? Und das sieht man ja auch vielleicht, wenn man merkt, okay, das, was ich da gerade umsetze, was ich den Menschen erzähle, hat nicht so die Wirkung, die ich vielleicht früher mal hatte. Und die Tipps, die ich gebe, die kennen die Leute schon oder die nehmen die nicht an. Und man hat vielleicht auch, wenn man jetzt an so einem Aktionsstand steht oder Menschen auf der Straße anspricht, auch vielleicht nicht so freundliche Begegnungen, man weiß es nicht so genau, das einfach da nochmal zu nehmen. Nicht als Kritik, sondern eher als, okay, wie so ein Call to Action im Prinzip. Also, dass man da einfach selbst nochmal reingeht.

Luca:
[11:18] Genau, das ist total wichtig. Und wenn man auch daran denkt, es gibt ja verschiedene Gründe, warum man eine Zielgruppe braucht, also ansprechen muss. Zum Beispiel, wenn ich jetzt in der Einkaufspassage stehe oder in der Fußgängerzone, dann kann ich die Zielgruppe auch nicht ganz steuern. Klar kann ich ein bisschen sehen, wen ich da anspreche, aber es gibt ja auch andere Vorhaben. Also es gibt ja auch Sachen, dass man zum Beispiel gezielt auf die Zielgruppe zugeht und dahin geht, wo sie ist. Und da kann ich auch nochmal wirklich betonen, wie wichtig es ist, die Zielgruppe so eng wie möglich zu ziehen. Also ein Beispiel ist, es gab einmal die Überlegung, einen Workshop umzusetzen und der war an Leute gerichtet, die interessiert an nachhaltiger Ernährung sind. Und in der Vorüberlegung war dann schon klar, wer die Zielgruppe ist. Aber auch diese Zielgruppe fächert sich ja wieder auf. Es gibt Leute, die sind interessierter an nachhaltiger Ernährung und machen schon ganz viel. Die haben schon alles gemacht, die gehen immer lokal einkaufen, immer regional, schmeißen nichts weg und möchten noch mehr können. Und es gibt aber Leute, die haben einfach nur Interesse daran, aber haben die Basic-Tipps noch gar nicht drauf. Und wenn man die beide jetzt vermischen würde, dann würden die einen überfordert und die anderen unterfordert sein. Deswegen ist es genau wichtig, da genau hinzugucken. Also nicht nur, ah ja, das sind Leute, denen Ernährung wichtig ist, sondern hinzugucken, auf welchem Grad der Entwicklung, wo wir sie gerne hätten am Ende, befinden sie sich schon und wo greifen wir da am besten an.

Isabel:
[12:49] Ja, danke dir. Das waren super Tipps. Ich versuche das nochmal in meinen Worten zusammenzufassen. Du hattest einmal ganz am Anfang den Tipp gegeben oder gesagt, Zielgruppenanalyse ist nicht optional. Zielgruppenanalyse, auch wenn es ein sperriger Begriff ist, ist etwas, was wir machen müssen, weil sonst einfach unsere Maßnahmen nicht ankommen. Und das Zweite ist, sich eine gute Methode auszusuchen, also beispielsweise eine Persona-Methode. Da werden wir euch auch auf jeden Fall noch Links in die Beschreibung packen, in die Shownotes. Und das Dritte war,

Luca:
[13:24] Mit der Zielgruppe zu sprechen.

Isabel:
[13:27] Perfekt, danke Luca. Mit der Zielgruppe zu sprechen ist super, super wichtig, sich selbst auch nochmal zu hinterfragen und Angebote gegebenenfalls anzupassen.

Isabel:
[13:41] Ja, da frage ich jetzt auch direkt, wie sieht denn das bei euch aus? Habt ihr schon Erfahrungen mit Zielgruppenanalysen gemacht? Ich weiß, wie gesagt, sperriger Begriff. Wahrscheinlich hat das jede und jeder von euch einmal, auch wenn unbewusst, durchgeführt. Ich kann da nur motivieren. Macht das auf jeden Fall. Fragt uns auch ruhig. Also schreibt uns eine E-Mail, wenn ihr da irgendwie noch Fragen habt. Wir geben euch da auf jeden Fall Unterstützung. Und ja, freuen uns auf jeden Fall auch, wenn ihr uns schreibt, ob als Kommentar oder als E-Mail. Und freuen uns, dass ihr zugehört habt. Und bis zur nächsten Folge.

Outro:
[14:21] Outro-Musik. Das Projekt Wertvoll NRW wird gefördert vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

Wenn ihr Anregungen, Fragen oder Feedback zum Podcast habt, schreibt uns gerne unter wertvoll@verbraucherzentrale.nrw

Hosts: Isabel Naguib & Marina Knust

Skript: Isabel Naguib 

Schnitt: Marina Knust

Produktion: Verbraucherzentrale NRW, Projekt Wertvoll NRW

Der Podcast ist Teil des Projekts „Wertvoll NRW – Landesweite Initiative für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln“ der Verbraucherzentrale NRW. Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein Westfalen fördert das Projekt bis Ende 2026. Wertvoll NRW hat sich das Ziel gesetzt, Lebensmittelverluste in Privathaushalten zu reduzieren. Durch Aktionen vor Ort, Online-Inhalte sowie Öffentlichkeitsarbeit und Kooperationen bringt das Projekt Verbraucher:innen den Wert unserer Lebensmittel näher und vermittelt praktische Tipps für Haushalt und Ernährung im Alltag.

Mehr zum Projekt: www.wertvoll.nrw

Mehr zur Wertschätzung von Lebensmitteln: www.verbraucherzentrale.nrw/unsere-lebensmittel