Das Wichtigste in Kürze:
- Gesundheits-Apps können viele Möglichkeiten bieten: sie messen z.B. bei Krankheiten wichtige Werte oder erinnern an Termine, helfen bei der Fitness oder einer gesünderen Ernährung.
- Es gibt dabei keine einheitlichen Qualitätskriterien für Gesundheits-Apps und zu deren Inhalt, Funktionen und dem Schutz Ihrer Daten.
- Aber jetzt werden die Kosten von bestimmten, geprüften und vom Arzt verordneten Gesundheits-Apps von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Der Markt für Gesundheits-Apps wächst permanent. Smartphone-Nutzer finden in ihren App-Stores ein vielfältiges Angebot von Gesundheits-Apps zum Download. Angeboten werden Apps für Patienten und Verbraucher im Bereich Fitness und Gesundheit und medizinische Behandlung, die
- informieren, Präventionsmaßnahmen bieten und bei Training oder Ernährung unterstützen,
- medizinische Werte messen, speichern und auswerten.
Anbieter von Gesundheits-Apps sind häufig IT-Firmen, Pharmakonzerne oder Krankenkassen. Krankenkassen engagieren sich vor allem im Bereich von Prävention und Serviceangeboten.
Was sind Gesundheits-Apps?
Es gibt unterschiedliche Arten von Gesundheits-Apps:
- Sogenannte "Lifestyle"-Apps, z.B. Fitnesstracker, Ernährungs- und Bewegungs-Apps: Sie können dabei helfen, gesundheitsbewusstes Verhalten zu unterstützen.
- Service-orientiertere Apps erinnern an die Einnahme von Medikamenten, überwachen den Impfstatus, erinnern an Früherkennungsuntersuchungen, bieten die Möglichkeit, Arzttermine zu vereinbaren oder dienen als Tagebuch der Symptom- oder Verlaufskontrolle bei einer Erkrankung.
Immer mehr Krankenkassen bieten ihren Mitgliedern als Serviceangebot eigene Krankenkassen-Apps an, die die Onlinekommunikation mit der Krankenkasse erleichtern, bei der Suche nach einem Arzt helfen oder mit deren Hilfe Gesundheitsdaten verwaltet werden können. - Daneben gibt es medizinische Apps, die der Diagnose und/oder Therapie einer Erkrankung dienen, wie z.B. der Auswertung von Blutzuckerwerten.
Medizinische Apps müssen als Medizinprodukt zugelassen und mit dem CE-Kennzeichen versehen sein. Das CE-Kennzeichen sagt allerdings nichts über den gesundheitlichen Nutzen aus. Aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen gelten nun mehr Apps als Medizinprodukt und müssen dann auch die höheren Anforderungen erfüllen.
Gesundheits-Apps auf Rezept
Mit dem Inkrafttreten des "Digitale Versorgungs-Gesetz" (DVG) können bestimmte Gesundheits- oder Medizin-Apps für gesetzlich Versicherte zu einer Kassenleistung werden. Man spricht von "digitalen Gesundheitsanwendungen", kurz "DiGA", die in einem eigenen Verzeichnis gelistet sind.
Die ersten aufgenommenen Anwendungen im DiGA-Verzeichnis bieten Hilfe bei Tinnitus und bei bestimmten Angststörungen, möglich sind aber auch Apps gegen Rückenschmerzen, zur Hilfe bei Depressionen, Apps, die beim Einnehmen von Medikamenten helfen, digitale Tagebücher für Diabetiker oder unterstützende Apps bei Migräne und Schwangerschaften. Generell in Frage kommen Apps, die bei Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen eine Unterstützung bieten beim Erkennen, Verhüten, Lindern oder Behandeln.
Die Krankenkasse kann die Kosten übernehmen, wenn
- diese Apps vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Datensicherheit, Datenschutz und Funktionalität geprüft worden sind. Die Liste ist seit Anfang Oktober über https://diga.bfarm.de/de abrufbar und wird stetig erweitert.
- Ihnen von Ihrem behandelnden Arzt eine zugelassene Gesundheits- oder Medizin-App verordnet wird.
- als Voraussetzung eine begründete Diagnose vorliegt.
Es geht aber auch ohne ärztliche Verordnung. Eine Gesundheits-App kann auch mit Genehmigung der Krankenkasse angewendet werden. Dafür muss man jedoch eine entsprechende Indikation nachweisen, also einen Grund für eine therapeutische oder diagnostische Maßnahme bei bestimmten Symptomen, etwa durch Behandlungsunterlagen.
Hat das BfArM eine App geprüft und in das "Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen" aufgenommen, kommt sie in eine Testphase. Für ein Jahr tragen dann die Kassen die Kosten der App. Die App-Anbieter müssen in dieser Zeit nachweisen, dass ihre Software zu einer besseren medizinischen Versorgung der Nutzer beiträgt. Liefern sie Nachweise für positive Versorgungseffekte, wird die App dauerhaft in das Verzeichnis aufgenommen. Liefern sie nur Hinweise für psowitive Versorgungseffekte, erfolgt eine vorläufige Aufnahme ins Verzeichnis für zwölf Monate.
Die Regeln gelten nicht nur für neue Apps. Auch bereits verfügbare Anwendungen können bei positiver Prüfung in das Verzeichnis aufgenommen werden. Den Antrag muss jedoch der Hersteller stellen.
Einen Antrag auf Prüfung können Anbieter seit Mitte Mai 2020 beim BfArM einreichen. Genehmigte Anwendungen können dann von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. In Frage kommen für die Liste nur Apps mit einem CE-Zeichen. Die Details der Prüfung sind in einer Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums vom 8. April 2020 geregelt.
Verschreibt Ihr Arzt Ihnen eine App und tauchen Fragen dazu auf oder zweifeln Sie an ihrem Nutzen, sprechen Sie am besten mit dem Arzt.
Wie erhält man eine geprüfte App aus dem DiGA-Verzeichnis?
Ärzte und Psychotherapeuten können Apps aus dem DiGA-Verzeichnis verordnen. Dieses Rezept (in der Anfangsphase noch in Papierform) müssen gesetzlich Versicherte bei ihrer Krankenkasse einreichen. Sie erhalten dann einen Code, mit dem man die App kostenfrei herunterladen und freischalten kann. Ärzte sind allerdings nicht verpflichtet, Apps zu verschreiben.
Gibt es für Gesundheits-Apps nicht längst einheitliche Qualitätskriterien?
Grundsätzlich stellt sich bei jeder App die Frage, ob die zugrundeliegenden Informationen richtig sind und aus welchen Quellen sie stammen.
Bislang gibt es noch keine einheitlichen Qualitätskriterien und keine zwingend vorgeschriebenen Angaben zur Zweckbestimmung, den Einsatzgebieten und Nutzergruppen und Grenzen des Einsatzes von Gesundheitsapps.
Die meisten Apps in diesem schnelllebigen Markt sind zudem nicht wissenschaftlich auf ihren Nutzen hin untersucht. So kann es hilfreiche Apps geben, aber auch solche, deren Nutzen nicht belegt ist und die schlimmstenfalls sogar Schaden anrichten können z.B. durch falsche Messungen und Diagnosen.
Umso wichtiger ist es, dass Sie Apps, die mehr als kleine Gimmicks bieten (z.B. Schrittzähler), mit Ihrem Hausarzt besprechen.
Eine erste Orientierung bietet neben dem DiGA-Verzeichnis des BfArM auch ein Verzeichnis der Bertelsmann-Stiftung, das digitale Gesundheitsanwendungen bewertet. Dort sind Gesundheitsapps zu Bereichen wie Herz-/Kreislauf, Muskeln/Knochen/Gelenke, Diabetes, Psyche und Migräne aufgelistet und u.a. zu ihrem medizinischen Nutzen, technischer Qualität, Verbraucherschutz und Nutzerfreundlichkeit beurteilt. Die Bewertung erfolgt allerdings – ebenso wie beim BfArM – auf Basis der Selbstauskünfte der Hersteller.
Wie sicher ist der Datenschutz?
Grundsätzlich sind viele Apps bezüglich des Datenschutzes sehr kritisch zu bewerten. In vielen Gesundheitsapps werden sensible Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet.
Als Nutzer wissen Sie bei vielen Apps nicht, wem Sie sensible Daten anvertrauen. Experten sehen darin ein großes Problem. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer App zu lesen und zu prüfen, welche Daten die App abruft und ob sie diese eventuell an Dritte weiterleitet.
Schon der Download einer App hinterlässt Spuren. Deshalb wurde auch diskutiert, ob für Apps, die von Ärzten verordnet und von Krankenkassen bezahlt werden, die Bezugsquelle App-Store oder Google Play überhaupt vertretbar ist. Für die geprüften medizinischen Apps im DiGA-Verzeichnis gilt aber, dass der Datenschutz in der Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums einen großen Raum einnimmt. Die Apps auf Rezept müssen u.a. frei von Werbung sein, personenbezogene Daten dürfen nicht zu Werbezwecken verwendet werden und medizinische Inhalte und Gesundheitsinformationen müssen dem allgemein anerkannten fachlichen Standard entsprechen.
Wie sollten Sie eine App auswählen?
Mit den folgenden Fragen wollen wir Ihnen eine Orientierungshilfe geben.
Fragen Sie sich:
- Welche Funktion soll die App erfüllen? Stimmt die tatsächliche Funktion mit der versprochenen überein?
Achtung: Gratis-Programme haben oft einen sehr begrenzten Funktionsumfang. Wer mehr will, muss zahlen. - Wer ist der Hersteller der App: ein wissenschaftliches Institut, Mediziner, Pharmaunternehmen, Krankenkassen? Hat jemand ein Interesse daran, Ihnen seine Produkte zu verkaufen?
- Wie wird die App finanziert? Wird Werbung eingeblendet, werden Sponsoren genannt?
Achtung: gerade kostenlose Apps finanzieren sich über Datenhandel und Werbung. - Sind die Ratschläge und Informationen verständlich?
- Sind die ausgegebenen Daten/Werte plausibel? Unterscheiden sich die gemessenen Werte (z. B. Blutzuckerwerte) erheblich von den vom Arzt gemessenen Werten?
- Wird bei kritischen Werten darauf hingewiesen, einen Arzt zu Rate zu ziehen?
- Was soll die App können, was muss sie daher vom Nutzer verlangen? Verlangt die App zum Beispiel Zugriff auf das Adressbuch, obwohl sie nur eine reine Dokumentationsfunktion hat?
Fragen Sie sich, ob die geforderten Zugriffberechtigungen tatsächlich für die Funktion der App notwendig sind. - Gibt es Hinweise zur Weitergabe von Daten an Dritte und wenn ja, an wen und zu welchem Zweck werden die Daten weitergegeben?
- Wo werden die Daten gespeichert: auf Ihrem Smartphone/Tablet oder extern beim Anbieter?
Achtung: Bei einer externen Speicherung verlieren Sie möglicherweise die Kontrolle über die Daten.