Schleppende Flugkostenerstattung: Verzögerungsstrategien bei Lufthansa, Eurowings und Ryanair ausgebremst
Verbraucherrechte im Lockdown – so das Fazit der Verbraucherzentrale NRW angesichts der Flut an Beschwerden über Fluggesellschaften, wenn Reisende die Erstattung von Ticketkosten für annullierte Flüge einfordern wollen. Mit Abmahnungen und einstweiligen Verfügungen haben die Verbraucherschützer jetzt die Deutsche Lufthansa AG, Eurowings sowie Ryanair wieder auf den Boden der Vorgaben aus der EU-Fluggastrechteverordnung geholt. „Wenn der Reisende bei annullierten Flügen die Flugscheinkosten erstattet bekommen will, muss die Airline binnen sieben Tagen den kompletten Preis zurückzahlen. Undurchsichtige Erstattungswege und -zuständigkeiten, ein Zahlungsziel am Ende der Corona-Pandemie oder der Verweis auf Reisevermittler können jetzt keinen Auftrieb mehr geben, um diese Verbraucherrechte auszubremsen“, bilanziert NRW-Verbraucherzentralenvorstand Wolfgang Schuldzinski erfolgreichen Einsatz, um bei den Airlines auf die Einhaltung der Erstattungsregelungen gemäß der EU-Verordnung zu pochen.
Nach der Fluggastrechte-Verordnung hat der Reisende bei abgesagten Flügen das Recht zu wählen, ob ihm die Ticketkosten vollständig erstattet werden oder ob er zu einem späteren Zeitpunkt fliegt. Die Deutsche Lufthansa AG hatte fürs Umbuchen jedoch von einem Fluggast für einen Trip in der Economy-Class rund 75 Euro an Zuzahlung verlangt. Bei First-Class-Flügen sollten pro Person mit rund 3.000 Euro zusätzlich gar fürstliche Zuschläge fällig werden, um zum Alternativtermin ans Ziel zu gelangen. Gegen die Praxis, Ersatzflüge nur gegen einen Aufpreis zu gewähren, hatte die Verbraucherzentrale NRW am 8. Mai 2020 beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen die Airline erwirkt. Diese haben die Richter durch Urteil vom 22. September 2020 (Az. 31 O 85/20, nicht rechtskräftig) aufrechterhalten und damit der Deutschen Lufthansa untersagt, im Fall einer Flugannullierung eine anderweitige Beförderung zu vergleichbaren Reisebedingungen nach Wunsch des Fluggasts – trotz verfügbarer Plätze – nur gegen Zahlung eines Aufpreises anzubieten.
Auch gegen die undurchsichtigen Wege zur Flugkostenerstattung ist die Verbraucherzentrale NRW bei der Deutschen Lufthansa AG vorgegangen. Denn wer bei annullierten Flügen bei der Airline schriftlich die Erstattung der Ticketkosten verlangt hatte, erhielt den Hinweis, dass „diese Themen“ nicht bei „Customer Relations“ bearbeitet würden und sich Kunden entweder telefonisch an ein Service-Center wenden müssten oder „diesbezügliche Informationen“ einer Internetseite zu entnehmen seien. Nach der Telefonnummer des Service-Centers mussten Fluggäste jedoch erst im Online-Auftritt der Lufthansa recherchieren. Und wer zur angegebenen Internetseite navigierte, fand Hinweise zur Flugpreiserstattung und ein Online-Formular, um Ansprüche geltend zu machen, erst nach einer Reihe von Klicks. Die hierbei genannten Links verwirrten zudem mit Bezeichnungen, die zu einem anderen Ziel als zur Ticketkosten-Erstattung zu führen schienen. Auf die Abmahnung dieser intransparenten Erstattungswege durch die Verbraucherzentrale NRW hin hat sich die Deutsche Lufthansa AG am 15. Juli 2020 in einer Unterlassungserklärung verpflichtet, Fluggäste, die bei einer zur Kundenkommunikation eingerichteten Stelle Erstattungsansprüche wegen annullierter Flüge geltend machen, nicht mehr auf andere Kontaktwege zu verweisen.
Mit einer beim Landgericht Bonn erwirkten einstweiligen Verfügung (Beschluss vom 15.06.2020, Az. 1 O 175/20) hat die Verbraucherzentrale NRW auch den Billigflieger Ryanair auf den Boden des EU-Rechts geholt: Kunden, die nach annullierten Flügen keinen Gutschein akzeptierten, sondern ihr Geld zurück haben wollten, hatte der Billigflieger bei der Erstattung auf den Sankt Nimmerleinstag verwiesen. Unter einem Link auf der Internetseite wurde ihnen mitgeteilt, dass der Flugpreis erstattet werde, sobald die Krise vorbei sei. Nachdem die Fluggesellschaft die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hatte, hat die Verbraucherzentrale NRW eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Bonn erwirkt, die der Fluggesellschaft diese Vorgehensweise untersagt. Ryanair hat diese Entscheidung am 4. September 2020 als endgültige Regelung anerkannt.
Nicht zuletzt hat die Verbraucherzentrale NRW auch Abwimmelungsstrategien von Eurowings gekappt. Wenn Flüge annulliert werden, schuldet das ausführende Luftfahrtunternehmen die Erstattung der Ticketkosten. Eurowings hatte Verbraucher jedoch an den Vermittler verwiesen, über den der Flug gebucht worden war, um dort die verlangte Rückzahlung des Preises auf den Weg zu bringen. Auch dieses Verhalten hat die Verbraucherzentrale NRW abgemahnt. Das Landgericht Düsseldorf hatte diese Praxis per einstweiliger Verfügung untersagt (Beschluss vom 13.07.2020, Az. 12 O 160/20). Diese Entscheidung hat das Gericht mit Urteil vom 9. September 2020 (nicht rechtskräftig) nun bestätigt. Es hat die Fluggesellschaft verpflichtet, den Verweis an den Vermittler in solch einer Situation künftig zu unterlassen.