Stichprobe bei zehn Anbietern von "Revolving"-Kreditkarten

Pressemitteilung vom
In einer Stichprobe wollte die Verbraucherzentrale NRW wissen, wie teuer es wird, wenn Kredite in Anspruch genommen und anschließend in kleinen Raten abgestottert werden. Der Blick in die Preisverzeichnisse von zehn Anbietern offenbarte teils heftige Zinssätze in Richtung der 20-Prozent-Marke.

Stichprobe bei zehn Anbietern von "Revolving"-Kreditkarten: Horror-Zinsen bis zu fast 20 Prozent

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Kreditkarten sind nicht nur ein bequemes Zahlungsmittel, sondern ermöglichen auch den Kauf auf Pump. In einer Stichprobe wollte die Verbraucherzentrale NRW wissen, wie teuer es wird, wenn Kredite in Anspruch genommen und anschließend in kleinen Raten abgestottert werden. Der Blick in die Preisverzeichnisse von zehn Anbietern offenbarte teils heftige Zinssätze in Richtung der 20-Prozent-Marke. Und das ist nicht der einzige Grund, um vor Kreditkarten mit Teilzahlungsfunktion zu warnen.

Die Branche spricht von "Revolving Credit". Und brandgefährlich wie ein Revolver wird er für Kunden, die nicht diszipliniert ihre Finanzen im Griff haben. Denn im Unterschied zu üblichen Kreditkarten wird das Saldo nicht am Monatsende via Girokonto auf Null gesetzt. Stattdessen läuft ein Kredit mit variablen Zinssatz, der meist in monatlichen Mini-Tranchen zurückgezahlt werden muss. Eine üble Schuldenfalle.

Das zeigt ein Zinsvergleich der Verbraucherzentrale NRW. Wenn es ums Kassieren ging, kannte die Gier kaum Grenzen. In der aktuellen Niedrigzinsphase verlangte nur ein Anbieter weniger als zehn Prozent Effektivzins. Inhaber der Lufthansa Miles & More Kreditkarte zahlten 8,9 Prozent.

Ein Sonderfall war der 3-Raten-Service der Commerzbank-Kreditkarte. Hier galt: je kleiner der Kredit, desto höher die Kosten. Grund für die Differenz: Statt eines Zinses berechnete die Commerzbank eine fixe Gebühr für eine Betragsspanne.

So zahlten Inhaber der Classic Kreditkarte 9,90 Euro, wenn sie zwischen 1.000 und 1.999,99 Euro auf drei Raten verteilen wollten. Das führte umgerechnet zu einem Zins von 6,09 Prozent für 1.000 und 3,0 Prozent für 1999,99 Euro.

Für 200 Euro verlangte die Commerzbank ein Entgelt von 4,90 Euro. Das ergab aufs Jahr hochgerechnet einen Zins von satten 15,7 Prozent. Wer dagegen 4.999,99 Euro in drei Monatsraten brauchte, bekam den Kredit für 19,90 Euro, was kaum schlagbar niedrigen 2,4 Prozent entspricht.

Schon der drittgünstigste der zehn Anbieter – die Postbank mit der Visa Shopping Card – lag mit effektiven 12,75 Prozent deutlich jenseits der Zehn-Prozent-Marke. Und Targobank Visa Classic, Santander 1plus Visa, Wüstenrot Bank Visa Classic, Amazon Visa sowie VW-Bank Visa toppten das locker mit Zinssätzen zwischen 13,98 und 15,87 Prozent.

Noch härter traf es Besitzer der Barclaycard, die Teilzahlungskunden happige 18,38 Prozent abknöpfte. Doch damit war das Ende noch nicht erreicht. Ausgerechnet die laut Reklame "Gebührenfrei-Kreditkarte" der Advanzia Bank riss fast die 20-Prozent-Marke: "19,44 Prozent".

Ein zweiter Blick der Stichprobe galt den Nutzungsbedingungen. Wie einfach können Kunden zwischen der extrem teuren Ratenzahlung des Kredits und dem automatischen, kostenfreien Komplett-Ausgleich via Girokonto switchen? Vergleichsweise verbraucherfreundlich war das beim 3-Raten-System der Commerzbank geregelt.

Das löste automatisch eine SMS aus bei Einkäufen mit Kreditkarte ab 200 Euro. Eine Antwort darauf führte zur Verteilung der Abbuchung auf drei Monate. Das System hat zumindest den Vorteil, dass der übliche Wocheneinkauf und kleinere Anschaffungen unter 200 Euro nicht auf Pump laufen können. Auch eine Kreditfinanzierung des Gesamtsaldos war mit dieser Funktion nicht möglich.

Rabiat zu ging's dagegen bei der Shopping-Karte der Postbank und der 1plus-Karte von Santander. Zum monatlichen Einzug von lediglich fünf Prozent des aufgelaufenen Saldos gab es keine Alternative. Wer alles gleich zahlen oder die Rate erhöhen wollte, musste manuell eine Überweisung aufs Kartenkonto veranlassen.

Ähnlich nutzerunfreundlich war die Barclaycard. Sie überraschte mit einem voreingestellten Rückzahlungsbetrag von gerade mal 3,5 Prozent des Saldos. Wer es dabei beließ, musste seine Schulden über rund 2,5 Jahre abstottern. Immerhin: In der Online-Kontoverwaltung konnte die Rate auf bis zu 10 Prozent monatlich erhöht werden, eine Komplett-Rückzahlung war aus dem Konto heraus nicht möglich. Das bedurfte wieder Handarbeit.

Noch schlimmer handhabte Advanzia den Zahlungsverkehr. Nicht einmal der Rateneinzug bei der Teilzahlung ließ sich automatisieren, geschweige denn der Lastschrifteinzug. Nach jeder Kartenabrechnung mussten Nutzer manuell mindestens drei Prozent des offenen Betrags (mindestens 30 Euro) überweisen – auch wenn Ratenzahlung in Anspruch genommen wurde.

Bei den anderen Anbietern im Check war die Aktivierung der Teilzahlungsfunktion als Möglichkeit angelegt, die immerhin jederzeit abgeschaltet werden konnte.

Fazit: Für die kurzfristige Finanzierung teurer Anschaffungen war lediglich die 3-Raten-Funktion der Commerzbank bedingt empfehlenswert. Nachteil: Karteninhaber müssen selbst ausrechnen, ob sie mit ihrem Einkaufsbetrag in einem günstigen Zinsbereich liegen. Alle anderen Angebote waren im Vergleich zu alternativen Finanzierungen schlichtweg zu teuer.

Denn ab einem Jahr Laufzeit sind derzeit günstige Ratenkredite für weniger als vier Prozent Effektivzins erhältlich. Die Kartenkredite im Check waren rund drei bis fünf Mal teurer. Wer flexibel bleiben will, kann alternativ einen Rahmenkredit einrichten. Der ersetzt den teuren Überziehungs-Dispo, ist jedoch fast so günstig wie ein Ratenkredit.

Tipp der Verbraucherzentrale: Wer sich eine Kreditkarte zulegt, sollte auf eine Revolvingfunktion verzichten und den Saldo am Monatsende stets zinsfrei einziehen lassen. Besondere Vorsicht geboten ist bei der 1plus-Karte von Santander, der "gebührenfreien" Advanzia-Karte, der Barclaycard und der Shopping-Karte der Postbank. Inhaber dieser Karten zücken ein Plastikrechteck, das automatisch scharf gestellt ist: für Horrorzinsen.

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