Private Insolvenzen: Durststrecke bis zum Neustart dauerhaft verkürzen

Pressemitteilung vom
Die Bundesregierung bringt eine Novelle des Insolvenzrechts in den Bundestag ein, die unter anderem die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode von sechs auf drei Jahre vorsieht. Sie setzt damit eine EU-Richtlinie von 2019 um.

Private Insolvenzen: Durststrecke bis zum Neustart dauerhaft verkürzen

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Zu den bitteren Folgen der Corona-Pandemie gehört, dass die Zahl der überschuldeten Haushalte in die Höhe schießt. Trotz Hilfsmaßnahmen wie Extra-Kindergeld oder zeitweiser Stundung von Miete oder Kreditraten – ein drastischer Anstieg der Privatinsolvenzen zeichnet sich ab. Die Bundesregierung bringt nun eine Novelle des Insolvenzrechts in den Bundestag ein, die unter anderem die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode von sechs auf drei Jahre vorsieht. Sie setzt damit eine EU-Richtlinie von 2019 um.

„Grundsätzlich ein richtiger Schritt – wenn die Drei-Jahres-Regelung nicht nur für Unternehmen, sondern auch dauerhaft für Privatinsolvenzen in Kraft tritt. Die bislang im Gesetzentwurf geplante Befristung bis Juni 2025 für private Insolvenzen sollte das Parlament  so nicht beschließen“, fordert Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Nur dann könnten die finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf die Menschen sinnvoll abgefedert werden.

Schon vor Corona war etwa jeder zehnte Erwachsene in Deutschland von einer Privatinsolvenz betroffen. Dahinter steht meistens ein Schicksalsschlag oder eine plötzliche Änderung der Lebensumstände. Einkommen bricht weg, langfristige Verträge aber laufen weiter, die Schulden wachsen. Sorglose Verprasser, die mutwillig auf Pump leben, sind nach den Erfahrungen der Verbraucherzentralen und der Wohlfahrtsverbände die klare Ausnahme. Menschen, die es gar wiederholt auf eine Insolvenz ankommen lassen, sind noch viel seltener. Zumal eine erneute Restschuldbefreiung erst nach zehn Jahren möglich wäre. 

Aber auch für die erstmalig Betroffenen liegt nach aktueller Gesetzeslage ein langer, steiniger Weg: die so genannte Wohlverhaltensperiode, in der jegliche zumutbare Beschäftigung angenommen und der pfändbare Teil des Einkommens zur Schuldentilgung eingesetzt werden muss. Das bedeutet sechs Jahre eiserne Sparsamkeit, an größere Anschaffungen ist nicht zu denken. Erst dann wartet mit der Restschuldbefreiung die Chance auf einen Neuanfang.
In der Schufa-Auskunft bleibt die Insolvenz allerdings bislang für weitere drei Jahre sichtbar. „Die anstehende Neuregelung kann die gesamte Durststrecke halbieren – wenn sie konsequent und unbefristet umgesetzt wird und auch die Datenspeicherung in Auskunfteien verkürzt“, unterstreicht Schuldzinski.

Für die Gläubiger wird die Neuregelung kaum einen Unterschied machen. Denn insolvente Haushalte begleichen auch innerhalb der sechs Jahre im Schnitt nur 1,5 Prozent ihrer Schulden.

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