Mindestentgelte bei geduldeten Kontoüberziehungen der Targobank unwirksam: Verbraucherzentrale gewinnt vor dem BGH
Die vielfach enorm hohen Zinsen für Dispokredite und geduldete Überziehungen sind Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. Ein von der Targobank verlangtes Mindestentgelt für geduldete Überziehungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt nach Klage der Verbraucherzentrale NRW (Aktenzeichen: XI ZR 387/15) für unzulässig erklärt.
Für Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, ist das Urteil eine weitere Etappe zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Bankgewerbe: "Mit der heutigen Entscheidung schützt der Bundesgerichtshof Kunden vor überteuerten Entgelten bei geduldeten Kontoüberziehungen."
Banken räumen ihren Kunden oftmals schon bei Kontoeröffnung mit dem Dispokredit einen Überziehungsrahmen für ihr Girokonto ein. Selbst wenn Kunden den vorgegebenen Rahmen überschreiten oder gar nicht über einen Dispokredit verfügen, kann die Bank Kontobelastungen erlauben. Für diese so genannte "geduldete Überziehung" müssen Kunden oft verhältnismäßig hohe Zinsen zahlen.
Darüber hinaus enthalten die Vertragsbedingungen einiger Banken einen Passus zu Mindestentgelten. So verlangte etwa die Targobank für jeden Monat, in dem Kunden das Überschreiten des begrenzten Kreditrahmens erlaubt wurde, ein Entgelt von 2,95 Euro. Ausnahme: Überstiegen die angefallenen Zinsen für eine geduldete Überziehung den Betrag des Entgelts, mussten nur die Zinsen gezahlt werden.
Die Folge: Rutschte ein Konto auch nur durch eine geringe Abhebung ins Minus, wurden durch Mindestentgelte extrem hohe Kosten verlangt. Ein Beispiel: Überzog ein Kunde sein Konto dauerhaft mit 10 Euro, waren hierfür nur wenige Cent Überziehungszins fällig. Bei einem Überziehungszins von 12 Prozent wurden pro Monat dafür 10 Cent berechnet. Bei einer geduldeten Überziehung verlangte die Targobank mit Hilfe ihrer Mindestentgeldklausel knapp das 30-fache von 12 Cent nämlich 2,95 Euro.
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW ist dies eine sittenwidrige und unzulässige Verzinsungspraktik der Targobank. Für die Verbraucherschützer ein Anlass, gegen das Geldhaus rechtlich vorzugehen.
Der BGH hat die Auffassung der Verbraucherzentrale NRW heute im Ergebnis bestätigt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Targobank gerade bei geringen geduldeten Überziehungen extrem hohe Entgelte verlangt habe. Dies würde die Bankkunden unangemessen benachteiligen, sodass die Mindestentgeltklausel unzulässig sei.
Nicht nur die Kunden der Targobank, sondern auch Kunden anderer Kreditinstitute profitieren von dem Urteil. Parallel wurde auch der Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) stattgegeben, der gegenüber der Deutschen Bank eine ähnliche Mindestentgeltklausel abgemahnt hatte. Diese hatte für geduldete Überziehungen ein Mindestentgelt von 6,90 Euro pro Quartal verlangt. Von dem Urteil profitieren nicht nur die Kunden der beiden Banken. Eine entsprechende Vertragsklausel ist immer dann unwirksam, wenn sie unverhältnismäßig hohe Zinsen oder Entgelte enthält und Bankkunden mit drastischen Beträgen zur Kasse gebeten werden.
Betroffene Bankkunden können nun gezahlte Mindestentgelte zurückverlangen. Dies gilt auch dann, wenn sie ihr Konto mit höheren Beträgen überzogen haben. Möglicherweise werden die Kreditinstitute jedoch den vereinbarten Überziehungszins von den zu erstattenden Beträgen abziehen.
Informationen und einen Musterbrief gibts unter www.verbraucherzentrale.nrw/mindestentgelt-kontoueberziehung.