Energiearmut in NRW nimmt zu

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale NRW fordert gezielte und nachhaltige Unterstützung für einkommensarme Haushalte
  • Zahl der Hilfesuchenden in den Beratungsstellen nimmt stetig zu
  • Unterstützung für Geringverdienende, Studierende und Renter:innen
  • Strom- und Gassperren aussetzen
Off

Zahlreiche Energieversorger in NRW kündigen drastische Erhöhungen der Gaspreise an. Die finanzielle Belastung wird für viele Haushalte nur schwer zu stemmen sein. Bereits jetzt suchen immer mehr Menschen die Beratung der Verbraucherzentralen auf, weil sie ihre Energie­rechnung nicht begleichen können und Energiesperren drohen. „Wir befürchten, dass immer mehr Menschen in eine Schuldenspirale geraten“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. „Spätestens mit der erwartbar hohen Energie-Nachzahlung werden viele Versorger auch die Abschläge massiv erhöhen. Durch die Einführung der Gas-Umlage zum 1. Oktober werden die Verbraucher:innen zusätzlich mit mehreren hundert Euro pro Haushalt belastet. Staatliche Einmalzahlungen sind da oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Einkommensarme Haushalte, darunter auch viele Rentner:innen, sind akut gefährdet, in den Sozialleistungsbezug abzurutschen.

Hilfe für Geringverdienende, Rentner:innen und Studierende 

"Staatliche Einmalzahlungen sollten allen Gruppen mit Niedrigeinkommen zugutekommen, auch Rentner:innen", sagt Schuldzinski. Ebenso müsse das Wohngeld, das Haushalte mit geringem Einkommen unterstützen soll, an die realen Energiepreise gekoppelt werden und eine Energiekomponente erhalten. "Für zusätzliche Entlastung könnte beispielsweise ein Klimageld zum Ausgleich der CO2-Abgabe und eine Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sorgen."

Auch Empfänger:innen von BAföG sind auf zusätzliche Unterstützung angewiesen. Die Wohnpauschale für Studierende oder Azubis, die nicht zu Hause wohnen, beträgt derzeit maximal 360 Euro. Das reicht in vielen Städten nicht für die Warmmiete. Eine Erhöhung der Wohnpauschale auf 500 Euro könnte helfen, die hohen Preissteigerungen abzufedern.

Sozialleistungen müssen Strompreise realistisch abdecken

Schon vor den aktuellen Preisanstiegen entsprach der Regelbedarf für Stromkosten nicht den realen Bedürfnissen der Menschen, die Sozialleistungen beziehen, so die Erkenntnisse der Verbraucherzentrale NRW. Durch die gestiegenen Strompreise ist die Lücke nun noch größer geworden. "Um Preiserhöhungen angemessen auszugleichen, müsste sich der Stromanteil dynamisch am Strompreis orientieren, also auch laufend unterjährig angepasst werden", so Schuldzinski. "Da die Preise in so vielen Bereichen steigen, sind Einsparungen an anderer Stelle für Empfänger:innen von Sozialleistungen nahezu unmöglich. Das Geld reicht hinten und vorne nicht."

Schutz vor Energieschulden und -sperren

"Für die Betroffenen haben Energiesperren katastrophale Auswirkungen. Daher fordern wir eine Aussetzung von Energiesperren für die Dauer der aktuellen Gasversorgungskrise", sagt Schuldzinski. "Haushalte mit Kindern, Schwangeren, chronisch Kranken oder Pflegebedürftigen müssten grundsätzlich von Energiesperren ausgenommen werden." Um Energiesperren langfristig entgegenzuwirken, sollten Betroffene einen Rechtsanspruch auf darlehensweise Übernahme von Strom- und Heizungsschulden durch Jobcenter oder Sozialamt haben – unabhängig vom Leistungsbezug.

"Sollten diese Menschen nicht bald nachhaltige Unterstützung erhalten, werden künftig noch weitere Bevölkerungsteile von einer Energiesperre bedroht sein und in die Überschuldung abrutschen", ist Schuldzinski überzeugt."

Weiterführende Infos und Links:

Laptop mit Kaffee, Blatt, Stift und Smartphone

Zum Presseportal der Verbraucherzentrale NRW

Serviceangebote und Informationsquellen für Journalistinnen und Journalisten

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.