Unzulässiger psychischer Druck - Unzulässige SCHUFA Drohung - Irreführung - Euro Collect darf Verbrauchern nicht durch ein "Beiblatt" anlasslos und pauschal suggerieren, dass bei Nichtzahlung der Inkassoforderung eine Verurteilung wegen Eingehungsbetruges oder zumindest eine zeitnahe Strafanzeige droht.
Hintergrund: Die Firma Euro Collect hat an Verbraucher/innen Inkasso-Mahnschreiben übersand und diesen ein "Beiblatt" beigefügt, das mit der Überschrift "Eingehungsbetrug § 263 StGB" betitelt wurde. Gleichzeitig befand sich auf dem Blatt ein großer Stempelaufdruck, in roter Farbe, in dem ein Ausrufezeichen und ein ebenfalls im Stempel befindliche Text: "Vorsicht Betrugsverdacht" abgedruckt worden war.
Das Landgericht Düsseldorf hat dieses Vorgehen des Inkassountenehmens als unzulässige, psychische Drohung gegenüber Verbrauchern gewertet. Denn Verbrauchern wird so suggeriert, sie würden, wenn sie nicht zahlen, wegen Eingehungsbetrug verurteilt oder zumindest deswegen zeitnah angezeigt.
Euro Collect darf Verbrauchern nicht mit einer SCHUFA Eintragung für den Fall drohen, dass die Forderung nicht mit einer Begründung bestritten wird. Vielmehr ist ein “einfaches“ Bestreiten ausreichend.
Die Rechtsprechung legt hohe Maßstäbe daran an, wann und wie ein Gläubiger oder ein Inkassounternehmen einem (vermeintlichen) Schuldner einen SCHUFA Eintrag androhen darf und wann nicht. Denn ein solcher Eintrag stellt im Wirtschaftsverkehr ein großes Hindernis für Verbraucher dar. Besteht ein negativer SCHUFA Eintrag erst einmal, wird es schwierig bis unmöglich, verschiedene Verträge, wie Handy-Verträge oder neue Mietverträge, abzuschließen.
Euro Collect hatte einem Verbraucher in einem Mahnschreiben einen solchen negativen SCHUFA Eintrag in Aussicht gestellt, wenn die Forderung nicht durch den Verbraucher mit einer Begründung bestritten oder alternativ in kurzer Frist bezahlt wird. Das heißt, der Verbraucher konnte diese SCHUFA-Drohung so verstehen, dass er den SCHUFA Eintrag (abgesehen vom Bezahlen der Forderung) nur dann abwenden konnte, wenn er gegenüber dem Inkassounternehmen darlegen würde, warum die Forderung denn seiner Ansicht nach nicht besteht. Grundsätzlich kann eine SCHUFA-Drohung zulässig sein. Allerdings muss der Gläubiger bzw. das Inkassounternehmen verschiedene Formvorschriften einhalten und jedenfalls im Text der SCHUFA-Drohung klar machen, dass die Veranlassung eines Negativeintrages unzulässig ist, wenn der Verbraucher die Berechtigung der Forderung “einfach“ bestreitet. Das heißt der Verbraucher muss nur mitteilen, dass die Forderung nicht besteht. Eine Begründung - wie hier von Euro Collect suggeriert - ist hingegen nicht notwendig. Das Landgericht Düsseldorf hat daher die streitgegenständliche SCHUFA-Drohung als unzulässig gewertet.
Euro Collect darf darüber hinaus in Mahnschreiben gegenüber Verbrauchern nicht mehr behaupten, Verbraucher seien aufgrund der Tätigkeit des Inkassobüros zum Ersatz eines Verzugsschadens verpflichtet, der sich - als Gebühr - nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes bestimmt.
Hintergrund: Das Thema Inkassokosten, deren Entstehung, deren Höhe und insbesondere die Pflicht zur Erstattung durch Verbraucher ist immer wieder ein Streitthema zwischen dem Verbraucherschutz und der Inkassowirtschaft. Beauftragt ein Gläubiger ein Inkassounternehmen kann der Gläubiger grundsätzlich den Schaden der ihm dadurch entsteht, also die Kosten der Beauftragung, von seinem Schuldner fordern. Dies allerdings nur, soweit das Inkasso notwendig und angemessen ist. Die Kosten ergeben sich zunächst aus dem Auftragsverhältnis zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen. Die Erstattungspflicht dieser Kosten durch den Schuldner ist aber gedeckelt.
Erstattungspflichtig ist nur, was auch angemessen ist. § 4 Absatz 5 RDG EG bestimmt hierzu, dass der Schuldner für eine außergerichtliche, untitulierte Forderung jedenfalls keine höheren Beträge erstatten muss, als ein Rechtsanwalt für eine Inkassotätigkeit verlangen dürfte. Euro Collect hat allerdings in einem Forderungsschreiben behauptet, die Inkassokosten die der Verbraucher angeblich zu erstatten habe seien nach § 4 Absatz 5 RDG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG als "Geschäftsgebühr" entstanden. Der Anspruch eines nicht- anwaltlichen Inkassobüros beruht aber gerade nicht auf dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und ist auch keine "Gebühr". Dadurch, dass Euro Collect dies behauptet, wird Verbrauchern aber das Gegenteil suggeriert, was Zweifel an der Richtigkeit der Höhe der Inkassokosten ausräumt (basieren ja angeblich auf einem Gesetz und sind Gebühren!) und Verbraucher verstärkt zu Zahlung veranlasst. Dies ist eine Irreführung der Verbraucher, die das Landgericht Düsseldorf als unzulässig gewertet hat.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Hinweis: Soweit sich das Urteil mit der o.g. SCHUFA–Drohung beschäftigt, waren hier noch die datenschutzrechtichen Normen vor Wirksamwerden der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) relevant. Wie sich die Rechtsprechung zur SCHUFA-Drohung unter der DSGVO entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Insbesondere bleibt auch abzuwarten, welche Anforderung die Rechtsprechung künftig an die Gestaltung einer “SCHUFA-Drohung“ stellen wird. Unklar ist dabei auch, ob weiterhin ein einfaches Bestreiten der Forderung in jedem Fall ausreichend sein wird, um einen SCHUFA Eintrag zu verhindern.