Vertragslaufzeiten von 24 oder 36 Monaten in Stromlieferverträgen mit Sonderkunden unwirksam

Stand:
OLG Karlsruhe vom 21.12.2012 (15 U 6/12)
LG Karlsruhe vom 09.12.2011 (10 O 614/10)
Off

Die Verbraucherzentrale NRW hatte gegen die Stadtwerke Pforzheim GmbH & Co.KG insgesamt wegen drei AGB-Klauseln geklagt, welche die Vertragslaufzeit von Stromlieferverträgen mit Haushalts-Sonderkunden betreffen. Nachdem die Beklagte zu einer Klausel den Anspruch anerkannt hatte, erließ das LG Karlsruhe am 26.09.2011 (10 O 614/10) ein Teil-Anerkenntnis-Urteil.

Die fragliche Klausel lautete:

"Die Laufzeit des Vertrages beginnt mit dem Ersten des übernächsten Monats, wenn der Vertrag bis zum 5. des Monats unterschrieben bei der SWP Stadtwerke Pforzheim GmbH & Co.KG (SWP) eingeht, ansonsten mit dem Ersten des darauf folgenden Monats."

Die VZ NRW hatte die Klausel beanstandet, weil den Kunden nicht klar werde, wann der Vertrag beginne und ende und weil sie in Verbindung mit den anderen Klauseln zu einer Laufzeit von mehr als 24 Monaten führen könne, was gesetzlich nicht zulässig ist. Das Gericht hatte in der mündlichen Verhandlung zumindest Bedenken hinsichtlich der Transparenz.

Das LG Karlsruhe hatte der Beklagten mit Urteil vom 09.12.2011 auch die Verwendung folgender Klauseln untersagt:

1. "Der Vertrag kann erstmalig zum Ablauf der Mindestlaufzeit von (...) 36 Monaten gekündigt werden."

2. "Der Vertrag kann erstmalig zum Ablauf der Mindestlaufzeit von (...) 24 Monaten gekündigt werden."

Die Klauseln seien wegen eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 9a BGB und wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB unwirksam. Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass auch die per Mausklick gewählte Vertragslaufzeit von 24 bzw. 36 Monaten nicht als (dann zulässige) Individualvereinbarung, sondern als AGB-Klausel anzusehen sei und damit der strengen Kontrolle nach dem AGB-Recht unterliege. Denn der Kunde habe nicht die Möglichkeit der freien Entscheidung einer Vertragslaufzeit, sondern nur die Wahl zwischen bestimmten, vom Unternehmen vorgegebenen Alternativen.

Die Stadtwerke Pforzheim hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das OLG Karlsruhe wies jedoch die Berufung mit Urteil vom 21.12.2012 zurück und begründete nochmals ausführlich, weshalb die Klauseln unwirksam sind. Unter anderem stellte das OLG klar, dass auch eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten mit Abschluss des Vertrages (und nicht erst mit dem späteren Beginn der Lieferung) beginnt.

Rechtsfolge: Die Unwirksamkeit der Klauseln führt dazu, dass die betroffenen Kunden nicht an die Grundlaufzeit gebunden sind und ihren Vertrag jederzeit kündigen können. Dabei ist allenfalls eine im Vertrag festgelegte Frist für die ordentliche Kündigung zu beachten.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Karlsruhe vom 21_12_2012 (15 U 6/12).pdf

Ratgeber-Tipps

Das Mieter-Handbuch
Mietenspiegel und neue Heizkostenverordnung, geänderte Regeln bei der Umwandlung von Wohneigentum oder für…
Düstere Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Mannes, der vor einem Laptop sitzt

Betrug: Phishing-Mails und falsche SMS von Ministerien und Behörden

Aktuelle Entwicklungen machen sich Kriminelle schnell zu Nutze. So auch zu den Themen Inflation, Energiekrise und nationale Sicherheit. Der Betrug kommt per SMS, E-Mail oder auf falschen Internetseiten. In diesem Artikel warnen wir vor verschiedenen aktuellen Betrugsmaschen.
Logos der Apps Facebook und Instagram auf einem Smartphone

Abo für Facebook und Instagram: Neue Klage gegen Meta

Geld bezahlen oder personalisierte Werbung sehen: Vor diese Wahl stellen Facebook und Instagram ihre Mitglieder seit November 2023. Die Verbraucherzentrale NRW klagt jetzt in einem zweiten Verfahren gegen den Betreiberkonzern Meta. Ein erstes Verfahren war bereits erfolgreich.
Ein vollbesetztes Fußballstadion

Fußball EM 2024: Bekommt man noch legale Tickets?

Keine Tickets für die Fußball-EM 2024 bekommen? Wir zeigen, worauf Sie achten sollten, wenn Sie noch versuchen wollen, an Tickets zu kommen.